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Wie ändert sich Führung in modernen Projektteams?

Bei der Entwicklung digitaler Lösungen arbeiten meist Experten aus verschiedenen Bereichen zusammen. Die Interdisziplinarität und die geforderte Flexibilität bzgl. (agiler) Vorgehensweisen stellen hohe Anforderungen an jedes Projektmitglied. Führungsverantwortung konzentriert sich nicht mehr auf die Projektleitung. Dieser Beitrag zeigt auf, wie die Teamzusammenstellung die Basis schafft, dass Führungsaufgaben vom Team übernommen werden. Zudem werden geeignete Führungsansätze beleuchtet.
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Claudia Heß

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  • 17.12.2021
  • Lesezeit: 13 Minuten
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Viele Unternehmen führen aktuell Projekte zur digitalen Transformation durch. Das Themenspektrum reicht dabei von der Digitalisierung der Geschäftsprozesse über die Konzeption innovativer Geschäftsmodelle bis hin zur Entwicklung smarter Produkte und Services. Die Komplexität und die Neuheit solcher Transformationsprojekte machen es notwendig, dass Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven, Fachexpertisen und Methodenwissen in einem Projektteam zusammenkommen.

Projektteams für digitale Transformationsprojekte

IT-Experten, Mitarbeitende aus verschiedenen Fachbereichen wie zum Beispiel Einkauf, Produktion, Marketing oder Forschung & Entwicklung sowie aus dezidierten Digitalisierungseinheiten bilden ein Projektteam. Das Projektteam ist demnach interdisziplinär besetzt [Kus19]. Ergänzt werden diese Teams häufig von externen Personen, die bestimmtes Spezialwissen oder weitere Kapazitäten einbringen. Diese Interdisziplinarität versetzt Projektteams erst in der Lage, die unterschiedlichen Facetten der Aufgabenstellung abzudecken, Visionen zu konkretisieren und neue Lösungsansätze zu entwickeln.

Die Messlatte liegt hoch: Die Anforderungen an Projektbeteiligte

Bevor wir der Frage nachgehen, welche Aspekte bei der Zusammenstellung eines solchen interdisziplinären Projektteams berücksichtigt werden sollten, werfen wir einen genaueren Blick auf die Anforderungen an Projektmitglieder und das Team als Ganzes. Wie der folgende Überblick zeigt, sind die Erwartungen an alle Beteiligten sehr hoch. Hinzu kommen der meist hohe Zeitdruck und enge Deadlines, in denen überzeugende Ergebnisse geliefert werden müssen.

Fundierte Kenntnis agiler und traditioneller Methoden des Projektmanagements

Agile Vorgehensweisen werden heutzutage intensiv eingesetzt – entweder in Reinform oder im Sinne des hybriden Projektmanagements integriert in traditionelle, plangetriebene Vorgehensweisen (z. B. [Kus19]). Beispielsweise nutzen Projektteams Kanban-Boards für die Planung von Aufgaben oder führen Retrospektiven durch, um aus Erfahrungen zu lernen. Die Erwartung ist, dass Projektbeteiligte mit diesen Methoden vertraut sind, ja sogar, dass sie in der Lage sind, einen Termin wie zum Beispiel zur Aufgabenplanung mithilfe des Kanban-Boards durchzuführen und zu moderieren.

Selbstorganisation

Insbesondere im agilen Kontext ist der Anspruch, dass Projektteams selbstorganisiert arbeiten [Hof18]. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Teammitglieder die anstehenden Aufgaben eigenständig innerhalb des Teams verteilen. Es ist nicht Sache der Projektleitung, Aufgaben in gut bearbeitbare Teilaufgaben zu zerlegen und zu prüfen, wer diese Aufgabe inhaltlich und zeitlich am besten erledigen könnte. Stattdessen wird Verantwortung an das Team abgegeben. Je nach Aufgabe und den dafür benötigten Kompetenzen können unterschiedliche Teammitglieder die Führung dafür übernehmen. Prinzipiell steht dies jedem Teammitglied offen und ein Wechsel der Rollen ist anzustreben [Kus18]. Abbildung 1 zeigt den Unterschied zwischen selbstorganisierten und hierarchischen strukturierten Teams. Im Sinne des „Können, Wollen und Dürfen“ braucht zuerst jeder Einzelne die Fähigkeit, sich selbst zu führen. Im Projektalltag bedeutet dies zum Beispiel, dass man weiß, welche eigenen Aufgaben anstehen, welche Prioritäten und Deadlines diese haben und wie diese mit anderen Aufgaben zusammenhängen. Darüber hinaus braucht das Team als Ganzes ein klares Verständnis der Projektziele und eine Vorstellung, wie es diese erreichen kann. Dazu kommt die Bereitschaft, die Selbstorganisation und die damit einhergehende Verantwortung zu übernehmen. Und letztlich braucht das Team den notwendigen Entscheidungsspielraum. Das bedeutet gleichzeitig, dass das gesamte Team dafür verantwortlich ist, wenn Fehler passieren oder Termine im Projekt überzogen werden. Damit Mitarbeiter keine Angst vor den Konsequenzen ihrer Entscheidungen haben, braucht es eine Fehlerkultur, die nicht einen Einzelnen an den Pranger stellt.

Abb. 1a: Hierarchisch organisierte Projektteam

Abb. 1b: selbstorganisierte Projektteam

Die Interessen des eigenen Bereichs und des Projekts in Einklang bringen

Jedes Projektmitglied repräsentiert im Projekt die Abteilung oder den Bereich, aus welchem es ursprünglich stammt und damit auch in gewisser Weise die Interessen dieses Bereichs [Kus19]. Diese gilt es im Projekt zu vertreten und gleichzeitig Kompromisse auszuhandeln und kreative Lösungen zu finden, die das Projekt voranbringen. In späteren Projektphasen liegt der Fokus dann darauf, im eigenen Bereich die entwickelten Lösungen zu vertreten und für ihre Akzeptanz zu sorgen.
Abbildung 2 zeigt beispielhaft, wie Mitarbeitende ihre jeweiligen Vorstellungen in das Projekt einbringen, zum Beispiel ihre Erwartungen daran, wie eine App für ihre Kunden gestaltet wird. Anforderungen sind beispielsweise, dass die Lösung noch in diesem Jahr produktiv gesetzt wird oder dass die einzelnen Geschäftsbereiche sie individuell anpassen können. Fachliche und technische Anforderungen gilt es in einer tragfähigen Gesamtlösung zusammenzubringen.

Abb. 2: Interessenskonflikte zwischen Projektmitgliedern

Respekt, Wertschätzung und ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten

Ein offener und respektvoller Umgang miteinander ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit [Kus19]. Dazu gehört es, sich mit anderen Meinungen und Standpunkten konstruktiv auseinanderzusetzen. Insbesondere in interdisziplinären Projektteams, in denen verschiedene Fachbereiche mit ihren jeweiligen Fachsprachen (z. B. bestimmte Fachbegriffe) und individuellen Sichtweisen vertreten sind, ist dies wichtig. Hinzu kommen ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten. Zum Beispiel muss eine Person aus dem Fachbereich die Geschäftsprozesse oder die besonderen Anforderungen so erklären können, dass sie für das übrige Projektteam nachvollziehbar sind. Für IT-Experten gilt es, technische Aspekte verständlich zu erläutern. Dies ist besonders dann essenziell, wenn diese Faktoren Einfluss auf die Art und Weise haben, wie Fachbereiche und Kunden mit der Lösung umgehen.

Virtuelle Zusammenarbeit

Viele Projektteams haben Erfahrungen mit der virtuellen Zusammenarbeit. Die Corona-Pandemie und die damit verbundene Umstellung auf Homeoffice hat dies noch forciert. Allerdings arbeiteten Projektteams auch davor schon teilweise räumlich verteilt, weil sie zum Beispiel an verschiedenen Unternehmensstandorten saßen oder Teammitglieder (an einzelnen Tagen) im Homeoffice arbeiteten. Virtuelle Teams müssen mit Informationsund Kommunikationswerkzeugen vertraut sein (z. B. Microsoft Teams, Zoom, Blue Jeans, Webex für Videokonferenzen sowie zum Beispiel Jira, Trello, Slack für das Aufgabenmanagement) und sie so einsetzen, dass qualitativ hochwertige Arbeitsergebnisse entstehen. Gleichzeitig sollten virtuelle Teams diese Tools auch für den persönlichen Kontakt nutzen, zum Beispiel zum informellen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Tipps für virtuelle Projektteams finden sich in Kasten 1.

Kasten 1: Tipps für virtuelle Projektteams
■ Veranstalten Sie den Projekt-Kick-off so, dass sich alle physisch treffen. Sorgen Sie dafür, dass neben den fachlichen Inhalten Raum für den persönlichen Austausch bleibt.
■ Planen Sie Regeltermine in einem festen Rhythmus, zum Beispiel ein gemeinsames Meeting zum Start in die Woche oder ein kurzer, täglicher Jour fixe.
■ Legen Sie Standard-Werkzeuge für die Zusammenarbeit fest. Jedem Teammitglied muss klar sein, wofür welches Tool genutzt wird und wo welche Informationen zu finden sind.
■ Vereinbaren Sie Spielregeln für die virtuelle Kommunikation, zum Beispiel wann die Videokamera an ist oder dass Teammeetings mit einem kurzen informellen Austausch und einem ehrlich gemeinten „Wie geht es dir?“ starten.

Die richtige Mischung machts!

Damit Team nicht bedeutet „Toll, ein anderer machts!“ muss besonders Augenmerk auf die Zusammensetzung und die Entwicklung des Projektteams gelegt werden. Spitzenteams (im engl. High Performance Teams) zeichnen sich durch ihren starken Zusammenhalt und ihr hohes Engagement in Bezug auf ein gemeinsames Ziel aus. Sie übernehmen aktiv Verantwortung, stehen füreinander ein und haben Spaß an der Projektarbeit. Damit Teams zu solchen Spitzenteams werden können, müssen verschiedene Aspekte beachtet werden. Tabelle 1 zeigt wesentliche Erfolgsfaktoren, die beachtet werden sollten.

Tabelle 1: Erfolgsfaktoren bei der Zusammenstellung von Projektteams
Erfolgsfaktoren Erläuterung
Besitzen das Team insgesamt die benötigten Fähigkeiten und Kenntnisse? In digitalen Transformationsprojekten braucht es einerseits Kenntnisse und Erfahrungen mit eingesetzten
Technologien, z. B. zur Datenanalyse, und andererseits ein tiefgehendes Verständnis der Geschäftsprozesse, Kunden und Erlösmodelle. Teammitglieder bringen ihr jeweiliges Know-how in das Projekt ein und
ergänzen sich gegenseitig
Stehen die Teammitglieder dem Projekt tatsächlich im benötigten zeitlichen Umfang zur Verfügung? Bei der Kapazitätsplanung ist es erfolgskritisch, dass Personen tatsächlich für die Projektarbeit freigestellt
werden und nicht ständig in ihre Linienaufgaben zurückgeholt werden oder in anderen Projekten einspringen müssen.
st die Teamstruktur ausgewogen, d. h. sind alle relevanten Abteilungen vertreten?
Ist das Team divers besetzt?
Ein diverses Team, d. h. mit Teammitgliedern unterschiedlichen Alters, Geschlechts, Herkunft, sexueller
Orientierung und sozialer Prägung, kann Lösungen für Kunden entwickeln, die die Komplexität und Vielschichtigkeit der Kunden berücksichtigen.
Ist die Teamgröße angemessen, um echte Teamarbeit zu ermöglichen? Je größer das Team, desto schwieriger werden organisatorische und inhaltliche Abstimmungen. In der
Praxis haben sich kleine Projektteams bewährt. Der Scrum Guide empfiehlt z. B. Teams mit bis zu 10
Personen. Größere Teams sollten ggf. gesplittet werden.

Dynamiken im Team verstehen

Neben diesen eher harten Faktoren kommt es noch darauf an, ein Team zusammenzustellen, das menschlich gut zusammenarbeitet. Das bedeutet nun nicht, dass in dem Projektteam permanent Harmonie herrscht. Es geht darum, dass sich Menschen im Team in ihren Stärken optimal ergänzen und in ihren Schwächen ausgleichen. Es gibt verschiedene Modelle, die einen Denkrahmen geben, um sich mit der Zusammenstellung von Teams und der Entwicklung bestehender Teams auseinanderzusetzen. Das sogenannte Belbin-Modell ist ein solches Modell [Bel21] (siehe Kasten 2).

Kasten 2: Das Belbin-Modell
Das Belbin-Modell nach Meredith Belbin unterscheidet neun Teamrollen [Bel21]. Diese Rollen sind informeller Natur – im Gegensatz zu fachlichen Rollen wie Projektleitung oder Product Owner. In einem neu zusammengestellten Team, in dem sich die Teammitglieder noch nicht (oder kaum) kennen, gibt es keine vorab definierte Rollenverteilung. Sie bilden sich erst auf Basis der Verhaltensweisen heraus, die Personen in bestimmten Situationen zeigen. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die neun Teamrollen. Die meisten Menschen fühlen sich in zwei oder drei bestimmten Teamrollen am wohlsten.


Tabelle 2: Die neun Teamrollen nach dem Belbin-Modell in Anlehnung an [Bel21]
Art Rolle Die Rolle und ihr Beitrag zum Projektteam
Handlungsorientiert Macher setzt Ziele und sorgt dafür, dass das Team auf diese Ziele hinarbeitet;
Umsetzer plant Aufgaben aus und sorgt dafür, dass sie effizient umgesetzt werden;
Perfektionist sorgt für den Feinschliff, kontrolliert die Qualität der Arbeitsergebnisse;
Kommunikationsorientiert Koordinator achtet auf die Zielorientierung; bindet die Teammitglieder ein und sorgt dafür, dass Aufgaben verteilt werden;
Teamplayer sorgt dafür, dass das Team zusammenwächst; ist kooperativ und diplomatisch;
Netzwerker stärkt die Beziehungen nach außen und bringt wiederum Impulse von außen in das Team
Wissensorientiert Neuerer ist kreativ und löst Probleme auf unkonventionelle Weise
Spezialist bringt Fachwissen und Detailkenntnisse in das Projekt ein
Beobachter holt Informationen ein, bewertet diese und prüft Optionen unvoreingenommen

Die Teamzusammensetzung nach dem Belbin-Modell

Gemäß dem Belbin-Modell setzen sich effiziente Teams aus unterschiedlichen Rollen zusammen. Man stelle sich ein Team vor, dass nur aus Personen besteht, die ihre Stärken darin haben, das Team zusammenzuführen und die Entscheidungsfindung zu unterstützen. In diesem Team würde wahrscheinlich wenig umgesetzt werden. Umgekehrt wird ein Team, in dem es keinen solchen Koordinator gibt, Schwierigkeiten haben, tragfähige und im Team akzeptierte Entscheidungen zu treffen. Damit ein Team selbstorganisiert arbeiten kann, braucht es demnach die verschiedenen Teamrollen, die die unterschiedlichen Aspekte von Führung wahrnehmen. Je nach Projektart und Projektphase kann es wichtig sein, dass bestimmte Rollen im Team präsent sind [Bel21]. Beispielsweise sind „Neuerer“, also Personen, die Ideen in das Team einbringen, unverzichtbar, wenn es darum geht, neue Lösungsvorschläge oder Alternativen zu entwickeln. Geht es stattdessen um den Roll-out, in dem Installationen und Schulungen zu planen und durchzuführen sind, so stehen andere Rollen und ihre Stärken im Vordergrund.

Ein Bestellformular für das optimale Team?

Für die Besetzung eines Projektteams steht meist nur ein begrenzter Pool an Mitarbeitern zur Verfügung. In diesem Rahmen gilt es, das ideale Team zu finden. Wer dabei ein Modell wie das Belbin-Modell nutzt, sollte sich im Klaren sein, was es leisten kann – und was nicht [Hof20]. Ein Team so zusammenzustellen, wie man individuell eine Pizza belegt – „Bitte zweimal ‚Spezialist‘, einmal ‚Umsetzer‘ und dreimal ‚Teamplayer‘“ –, wird nicht funktionieren. Zum einen ist es praktisch kaum umsetzbar, mit jedem Kandidaten (halbwegs) fundiert die bevorzugten Rollen zu ermitteln. Dabei ist die Aussagekraft online verfügbarer Selbsttests kritisch zu betrachten. Der von Belbin Associates angebotene Belbin Individual Report kombiniert das Selbstbild mit dem Fremdbild von sechs Beobachtern und ist dementsprechend aufwendig in der Durchführung. Zum anderen zeigen Personen ihre präferierten Rollen häufig erst dann, wenn sich das Team kennt und Teammitglieder offen eigene Schwächen zugeben können. Anders ist die Situation, wenn man potenzielle Teammitglieder aus vergangenen Projekten gut kennt und ihre Präferenzen einschätzen kann.

Gegenseitiges Verständnis schaffen

In einem bestehenden Team kann ein Modell wie das Belbin-Modell ein Bewusstsein für die unterschiedlichen, im Team vertretenen Rollen vermitteln. Selbst- und Fremdbild können abgeglichen werden [Hof20]. Dazu gehört auch, sich mit den jeweiligen Stärken und Schwächen auseinanderzusetzen. Denn dadurch entsteht die Möglichkeit, sich gegenseitig gezielt zu unterstützen. Zum Beispiel könnte ein Macher-Typ gezielt mit einem „Netzwerker“ zusammenarbeiten, wenn es im Verlaufe der Aufgabe darum geht, den Kontakt zu verschiedenen Stakeholdern aufzubauen. Jemand anderem könnte das Feedback helfen, öfter über den eigenen Schatten zu springen und eine ungewohnte Rolle einzunehmen, um eine im Team fehlende Rolle auszugleichen.

Wer sagt, wo es lang geht?

Unabhängig davon, ob ein Projekt nach klassisch, agil und hybrid durchgeführt wird, es braucht Führung. Im Projektkontext sind generell mehrere Aspekte von Führung relevant [Kus19]:

  • Führung im Sinne von Management, zum Beispiel wird während der Projektdurchführung der Fortschritt und die Einhaltung von Zeit, Kosten und zu liefernden Ergebnissen geprüft.
  • Führung der Mitarbeitenden, zum Beispiel erfolgt eine Vorgabe oder Abstimmung bezüglich der Aufgabenausführung und der zur Verfügung stehenden Zeit.
  • Coaching und Teamcoaching, wobei es darum geht, Einzelne oder das Team als Ganzes im Sinne von „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu unterstützen.

Je nach zugrunde liegender Projektmanagementphilosophie sind diese Aspekte unterschiedlich ausgeprägt. Außerdem werden diese verschiedenen Aufgaben von der Projektleitung oder von bestimmten Rollen im Team wahrgenommen. In einem Scrum Team zum Beispiel sind dies Product Owner und Scrum Master. Ein Projektteam erfolgreich zu leiten oder in einem agilen Projekt die Rolle des Product Owners oder Scrum Masters einzunehmen, stellt hohe Anforderungen an die eigenen Führungskompetenzen. Grundsätzlich können führende Personen dabei auf das gesamte Repertoire an Führungsstilen zurückgreifen. Welche davon sind nun in digitalen Veränderungsprojekten mit ihren wie oben beschriebenen Herausforderungen für das Projektteam geeignet? Vorweggesagt, es gibt nicht den einen Führungsstil, der immer passt.

Transaktionale Führung

Das zentrale Element der transaktionalen Führung sind Ziele. Werden diese Ziele erreicht, winkt eine Belohnung. Dieses Prinzip findet sich zum Beispiel in den in vielen Unternehmen üblichen Zielvereinbarungen. Im Kontext eines Projekts stehen die Projektziele und die der einzelnen Arbeitspakete im Fokus. Wichtig ist, dass alle Beteiligten eine klare Vorstellung von den zu erreichenden Zielen haben. Für die Formulierung guter Ziele wird oft die SMART-Formel empfohlen, das heißt, Ziele sollen spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert sein.

Transformationale Führung

Die transformationale Führung setzt auf die intrinsische Motivation der Geführten. Die Führungskraft fungiert dabei als Vorbild und vermittelt die gemeinsame Vision. In Projekten schwört eine transformational führende Person das Team auf die zu erzielenden Ergebnisse ein, zeigt den Sinn auf und sorgt im Projektverlauf dafür, dass dieser gemeinsame Fokus erhalten bleibt. Wie transaktionale und transformationale Führung in Projekten zusammenspielen, zeigt Kasten 3.

Kasten 3: Zusammenspiel von transaktionaler und transformationaler Führung im Projekt
Transaktionale und transformationale Führungsansätze können sich in Projekten ergänzen.
Zu Projektbeginn und insbesondere in kreativen Projektphasen eignet sich die transformationale Führung, da sie die Kreativität und Offenheit der Teammitglieder fördert. In Umsetzungsphasen hingegen punktet der klare Fokus der transaktionalen Führung auf die zu erreichenden Ziele.

Laterale Führung

Laterale Führung bedeutet Führung „von der Seite“. Sie ist immer dann relevant, wenn Führende keine formale, disziplinarische Macht haben und damit nicht einfach anordnen können, wie Dinge gemacht werden sollen. Die Mechanismen der lateralen Führung sind daher für alle, die in Projekten tätig sind, relevant. Sie können beispielsweise auch von externen Spezialisten oder Beratern, die das Projektteam ergänzen, angewendet werden. Wie bringt man nun ohne formale Weisungsbefugnis andere Menschen dazu, bestimmte Dinge zu tun, zum Beispiel Aufgaben im Projekt zu übernehmen, Kompromisse einzugehen oder sich für die Interessen des Projekts stark zu machen? Die drei zentralen Mechanismen sind dabei, wie in Abbildung 3 dargestellt, Vertrauen, Verständigung und Macht [Küh17]. Häufig greifen diese Mechanismen ineinander. Zum Beispiel stützen sich Vertrauen und Verständigung gegenseitig: Vertraut man einer anderen Person, dann ist man eher bereit, sich ihre Meinung anzuhören und ihre Beweggründe nachzuvollziehen. Umgekehrt fördert diese gezeigte Wertschätzung wiederum das Vertrauen.

Abb. 3: Die 3 Säulen der lateralen Führung

Ein Vorbild für das ganze Unternehmen

Wenn ein Projektteam gut und gerne zusammenarbeitet, dann trägt das wesentlich zum Projekterfolg bei. Aber auch die Organisation als Ganzes profitiert davon. Begeisterte Projektmitglieder tragen ihre positiven Erfahrungen – gerade auch in Bezug auf digitale Lösungen – in ihre Geschäftsbereiche zurück. In solchen Projektteams ist es oft nicht nur eine einzelne Person, die Führung übernimmt und die Zusammenarbeit gestaltet. Stattdessen werden die Führungsaufgaben auf viele Schultern verteilt. Das Team arbeitet selbstorganisiert und ist damit wiederum ein Vorbild für die gesamte Organisation. ||

Weitere Informationen

[Bel21]
BELBIN Associates, The Nine Belbin Team Roles, siehe:
https://www.belbin.com/about/belbin-team-roles, 2021

[Hof18]
S. Hofert, Das agile Mindset. Mitarbeiter entwickeln, Zukunft der Arbeit gestalten, Springer Gabler, 2018

[Hof20]
S. Hofert, Belbin, Tuckman & Co.: Wie Sie Teammodelle sinnvoll nutzen, siehe:
https://teamworks-gmbh.de/teammodelle-sinnvoll-nutzen/, 2020

[Kus18]
A. Kusserow, C. Schmidt, So führen Sie Ihr Team zur Selbstorganisation, in: Projekt Magazin, Heft 21, 2018

[Kus19]
J. Kuster u. a., Handbuch Projektmanagement. Agil - klassisch - hybrid, 4. Aufl., Springer Gabler, 2019

[Küh17]
S. Kühl, Laterales Führen. Eine kurze organisationstheoretisch informierte Handreichung, Springer Fachmedien, 2017

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Claudia Heß

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Prof. Dr. Claudia Heß ist Professorin für Digitale Transformation an der IU Internationalen Hochschule und Geschäftsführerin der Softplant GmbH. Sie unterstützt mit ihrer Erfahrung als Beraterin, Projektleiterin und (Team-)Coach Unternehmen in der digitalen Transformation.

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