KI gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Dies beginnt damit, dass je nach Wohnort im Online-Handel unterschiedliche Zahlungsmöglichkeiten angeboten werden, und geht bis hin zu Entscheidungen, die beim autonomen Fahren im Falle eines drohenden Unfalls zu treffen sind. Das Spannungsfeld ist mittlerweile riesig, doch die bisher vorhandenen Antworten sind nicht immer zufriedenstellend – insbesondere da wir uns doch selbst manchmal erst darüber klar werden müssen, wie wir uns in bestimmten Situationen entscheiden würden.
Hier erwarten uns zahlreiche Dilemmata, die wir nur schwer auflösen können. Das „moral machine experiment“ (https://www.moralmachine.net) verdeutlicht dieses Problem sehr anschaulich. Ist der/die Softwareentwickler*in am Ende dafür verantwortlich, ob die 70-jährige alte Dame oder das 6-jährige Kind überfahren wird? In dieser Diskussion stehen wir noch ganz am Anfang und es wird spannend sein zu beobachten, wie sich die Gesellschaft hier positionieren wird. Dass es einer Positionierung bedarf, steht dabei außer Frage.
Wichtig erscheint an dieser Stelle jedoch, dass sich die Gesellschaft auf eine Norm verständigt, an der das Handeln ausgerichtet werden kann. Ethik ist die Wissenschaft der Moral, die wiederum die Gesamtheit der Normen und Grundsätze umfasst, die anerkannt sind und die unsere Gesellschaft prägen und bestimmen sollen. In diesem Zusammenhang haben wir den Beitrag von Gernot Meier bewusst gewählt, um eine allgemeine, weniger technische Sicht auf das Thema Ethik zu zeigen.
Die zu erwartende Europäische Richtlinie für eine vertrauensvolle KI geht diese und andere Fragen an und sollte zukünftig eine Art Kompass für die Entwicklung und das Betreiben von KI-Anwendungen darstellen. Hier ist anzumerken, dass es noch Jahre brauchen wird, bis dieser Kompass wirklich "geeicht" ist. Doch auch schon jetzt gilt es zu handeln. Wie lässt sich verhindern, dass beispielsweise Algorithmen im Zeitverlauf zu diskriminierenden Entscheidungen führen? Im Kopf zu wissen, was richtig ist, bedeutet nicht, es auch wirklich zu tun, denn Wissen und Handeln gehen nicht immer Hand in Hand. Die Klima-Debatte und andere Phänomene verdeutlichen das in unserem täglichen Umfeld.
Sollte das Fach Ethik in der Informatik und insbesondere in den Bereichen KI, Data Science und Datenanalyse nun auch Teil des Curriculums werden? Unbedingt! Denn bei der Entwicklung neuer Programme und Anwendungen gilt es die Konsequenzen des eigenen Handelns zu reflektieren. Es ist gut, wenn sich Unternehmen, Verbände und Universitäten verstärkt mit dem Thema auseinandersetzen. Und dies nicht nur durch die IT-Brille, mit Ethik als zusätzlicher Governance-Anforderung, sondern als Ausgangspunkt für ihre Entwicklungsarbeit. Auf der Basis externer Vorgaben, wie eben einer EU-Richtlinie, lassen sich unternehmensintern entsprechende Wertemodelle aufbauen, die Positionen der einzelnen Stakeholder verbinden oder auch Grundlagen für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Daten, Algorithmen und KI schaffen.
(Daten-)Ethik wird daher kein Modethema, sondern ganz im Gegenteil ein Dauerbrenner sein. Je früher sich Unternehmen damit auseinandersetzen und ihre eigenen Richtlinien entlang der gesetzlichen und gesellschaftlichen Leitplanken entwickeln, umso akzeptierter und damit wettbewerbsfähiger werden auch ihre zukünftigen Produkte sein. In diesem Sinne: Ethik? Ethik!