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Performanz agiler Teams in Zeiten der COVID-19-Pandemie

Die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie in Deutschland haben auch zu Veränderungen im beruflichen Leben geführt, insbesondere die Umstellung auf ein flächendeckendes Homeoffice-Modell. In unserer Fallstudie untersuchen wir diese Herausforderungen und präsentieren Erkenntnisse im Rahmen der agilen Softwareentwicklung. Welche Auswirkungen haben die Veränderungen der sozialen Aspekte sowie die Qualität der Arbeitszeit für die Zukunft der täglichen Arbeit auch nach der Pandemie?
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Martin Lier

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Lars Baumann

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  • 26.02.2021
  • Lesezeit: 15 Minuten
  • 79 Views

Agile Vorgehensmodelle haben sich in den vergangenen Jahren als fester Bestandteil der Softwareentwicklung etabliert. Am prominentesten ist dabei Scrum, welches branchenübergreifend und in Unternehmen verschiedenster Größen am häufigsten genutzt wird (vgl. [Kom20], [VC20]). Die Grundlage für solche Vorgehensmodelle bildet das agile Manifest, mit den vier Wertedefinitionen und 12 Prinzipien (vgl. [AM]). Im agilen Manifest werden unter anderem der Interaktion und der Zusammenarbeit ein hoher Stellenwert beigemessen (vgl. Abbildung 1). Folgerichtig werden diese Aspekte auch in den Guidelines agiler Vorgehensmodelle, wie beispielsweise Scrum, mitberücksichtigt (vgl. [SS17]).

Abb. 1: Fokussierung auf den Menschen und die Interaktion (alle Grafiken von Jennifer Neumann)

Die Ausgangslage

Vor der COVID-19-Pandemie war es üblich, dass die Mitarbeiter am Standort ihres Unternehmens ihrer Tätigkeit nachgehen. Verfügen Unternehmen über mehrere Standorte, wurde häufig darauf Wert gelegt, dass ein Team möglichst nur an einem der Standorte tätig gewesen ist.
Homeoffice sowie andere Modelle der verteilten Arbeit sind dabei eher die Ausnahme gewesen.
Zu Beginn des Jahres 2020 breitete sich das Coronavirus (SARS-CoV-2) weltweit aus, sodass eine Pandemie ausgerufen wurde. In Deutschland wurden daraufhin im März 2020 Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung eingeführt. Damit einhergehend standen viele Unternehmen nun vor der Herausforderung, die Remote-Arbeit für ihre Arbeitnehmer schlagartig zu ermöglichen (vgl. Abbildung 2). Besondere Schwierigkeiten mit der Umstellung hatten dabei Unternehmen, die bisher den Fokus auf eine co-located Arbeitsweise legten.

Abb. 2: Wechsel zur verteilten Remote-Tätigkeit

Dies führte zu einem Paradigmenwechsel, da die Remote-Arbeit in einem solchen Ausmaß bisher nie in Deutschland durchgeführt wurde. Nicht nur für Arbeitgeber, sondern auch für Arbeitnehmer veränderte sich der berufliche Alltag. Insbesondere in den ersten Monaten wurden alle Beteiligten vor viele Herausforderungen gestellt, die es zu meistern galt. Wie die meisten, waren und sind auch wir mit vielen Fragen konfrontiert gewesen, die wir nach und nach lösen mussten. Ob als Dienstleister, in der Forschung, in der Hochschullehre oder in der Beratung sind wir bestrebt, eine qualitativ hohe Arbeitsleistung zu erbringen, die unsere Kunden zufriedenstellt.
Einige Monate nach Beginn der Remote-Arbeit machten wir, unabhängig voneinander, eine ähnliche Feststellung. Aus unseren Netzwerken erhielten wir die Rückmeldung, dass in vielen agilen Softwareentwicklungsprojekten die Performanz der Teams gestiegen ist oder sich nicht verschlechtert hat. Dies hat uns zunächst irritiert, da Teams, die nicht in der verteilten Tätigkeit geübt sind, mit diversen Herausforderungen konfrontiert werden. Diese Herausforderungen können einen Projekterfolg negativ beeinflussen. Da durch die verteilte Arbeit kein persönlicher Austausch möglich ist, erwarteten wir insbesondere in der Kommunikation und der Zusammenarbeit innerhalb der Teams Probleme, welche die Performanz senken sollten.

Die Studie

Um die beschriebenen Inkonsistenzen zu untersuchen, haben wir eine qualitative Studie konzipiert. Zunächst sollte dabei beleuchtet werden, wie sich die Performanz agiler Softwareentwicklungsteams mit der COVID-19-Pandemie veränderte. Außerdem wollten wir verstehen, wie es diese Teams schaffen, mit den Herausforderungen der Remote-Arbeit umzugehen.
Dafür führten wir eine multiple Fallstudie durch. In vier deutschen Unternehmen haben wir im Zeitraum zwischen September 2020 und November 2020 Daten erhoben. Die Unternehmen sind in unterschiedlichen Branchen und Märkten tätig und unterscheiden sich in der Größe sowie der Unternehmenskultur, mit einer Mitarbeiterzahl zwischen etwa 40 und über 50 000 (vgl. Abbildung 3).

Abb. 3: Unternehmensbeschreibungen

Als Grundlage der Daten dienten Interviews mit Projektteilnehmern, Beobachtungen von agilen Events (Praktiken) und das Sichten von Projektdokumenten. Pro Unternehmen wurden zwischen vier und acht Teammitglieder aus agilen Teams befragt. Dabei legten wir großen Wert darauf, bei der Datenerhebung möglichst alle Rollen des jeweiligen agilen Vorgehens zu berücksichtigen.

Was sind die Erkenntnisse?

Die Untersuchungen zeigen, dass die ersten ein bis zwei Monate nach Einführung der Remote-Arbeit für die Teams die herausforderndsten waren. Alle Unternehmen berichten, dass in dieser Zeit die Performanz spürbar gesunken ist. Die Begründungen dafür sind vielschichtig. Im Allgemeinen kann die Lage, in der sich Deutschland im März 2020 befand, als negativer Faktor genannt werden. Jegliche (größere) Umstellung in einem Team stellt die etablierten Rituale auf den Kopf. Das kann eine vermeintlich simple Veränderung sein, wie die Tasse Kaffee mit den Kollegen am Morgen, oder etwas Komplexes, wie die Adaption der Arbeitsweise. Eine gesunkene Motivation ist dann eine der entstandenen Konsequenzen. Sorgen um die Jobsicherheit und vielleicht auch um die Zukunft des Unternehmens beeinflussten die Motivation ebenfalls negativ. Zudem kamen besonders in der Anfangszeit technische Herausforderungen dazu, wie beispielsweise einen stabilen VPN-Zugang zu ermöglichen oder Kollaborationstools zur Verfügung zu stellen.
Zum Interviewzeitpunkt, also mehr als sechs Monate nach der Umstellung auf eine Remote-Arbeit, berichten alle vier Unternehmen, dass die Performanz mindestens den Stand vor der Pandemie erreicht hat oder sogar besser geworden ist. Wir haben hierfür vier verschiedene Kernaspekte identifiziert und in Abbildung 4 zusammengefasst.

Abb. 4: Erkenntnisse der Studie

Transparenz
Insgesamt hat sich mit der Remote-Arbeit die Transparenz des eigenen Vorgehens erhöht. Dies kann vor allem an der Digitalisierung von bestimmten Artefakten festgemacht werden. Beispielsweise führt die Umstellung von physischen Hilfsmitteln zu digitalen Boards (Kanban oder Sprint Boards) dazu, dass zum einen im Team mehr Klarheit darüber herrscht, wer an welchen Dingen arbeitet. Zum anderen profitieren auch Stakeholder außerhalb des Teams davon, da sie zu jeder Zeit einen aktuellen Status und Überblick der erledigten und offenen Arbeiten einsehen können.
Auch durch eine höhere Sensibilisierung der Teammitglieder für die Klärung offener Fragestellungen wie beispielsweise bei Anforderungen oder der Nutzung digitaler Kommunikations- und Kollaborationstools wird die Transparenz erhöht. Des Weiteren haben wir festgestellt, dass in vielen agilen Softwareentwicklungsteams detaillierter, sachbezogener und fokussierter dokumentiert wird.

Einbindung des Product Owners
Offensichtlich ist in einigen Teams die Einbindung des Product Owners verändert. Product Owner nehmen häufiger an Besprechungen im agilen Vorgehen teil. Dies umfasst auch Besprechungen mit technischem Charakter, wie Pair Programming Sessions oder Code Review Meetings. Zudem scheint die asynchrone Kommunikation mithilfe von Kollaborationstools zu einer Effizienzsteigerung zu führen.

Kommunikation & soziales Miteinander
Der Ablauf von Besprechungen hat sich maßgeblich verändert. Nebensächliche Diskussionen oder gar themenfremde Beiträge sind nahezu nicht mehr vorhanden. Ein weiterer Aspekt ist, dass persönliche Gespräche massiv abgenommen haben, sowohl in der Qualität als auch der Häufigkeit. Die Teammitglieder haben durch die Remote-Arbeit nicht mehr die Möglichkeit, zum Schreibtisch des Kollegen zu gehen, um etwas zu besprechen (privat oder beruflich).
Um dem entgegenzuwirken, haben einige Teams spezielle Termine für den sozialen Austausch geschaffen: sogenannte Socializing Events. Das sind zum Beispiel mehrmals in der Woche stattfindende Kaffeetermine oder auch gelegentliche, gesellige Afterwork-Termine. Die resultierenden Ergebnisse aus diesen Ansätzen sind jedoch gemischter Natur, da für soziale Interaktionen der persönliche Kontakt präferiert wird. Folglich wurden in einzelnen Teams solche Termine nach einem Probelauf bereits wieder gestrichen, in der Häufigkeit reduziert oder eine verringerte Teilnahme der Teammitglieder festgestellt.
Eine weitere Beobachtung ist zudem, dass es eine Herausforderung darstellen kann, introvertierte oder schüchterne Persönlichkeiten in die virtuelle Kollaboration und Kommunikation aktiv einzubinden. Es ist gewiss leichter, im digitalen Meeting „unterzutauchen“ als in einem persönlichen Meeting. Zudem kann einem das Teammitglied nicht einfach „über den Weg laufen“.
Auch im Rahmen der Einarbeitung neuer Mitarbeiter ist aufgefallen, dass die Distanz eine Herausforderung darstellen kann, da üblicherweise die Integration auf persönlicher Ebene stattfindet. Die befragten Unternehmen haben an dieser Stelle jedoch keine kritischen Erfahrungen machen können. In einem Unternehmen wurden beispielsweise zu Beginn der Pandemie externe Berater entlassen, um einige Monate später wieder eingestellt zu werden, in einer etwas geringeren Kapazität. Daher kann hier nicht von einer Einarbeitung neuer Mitarbeiter gesprochen werden. Als potenzielles weiteres Problem wird die frühzeitige Erkennung von Konflikten genannt. Im Gegensatz zu persönlichen Meetings können die Gestik, Mimik und das allgemeine Verhalten von Teammitgliedern nicht (bzw. nur erschwert) in den digitalen Besprechungen erkannt werden. Vor allem ist dies der Fall, wenn keine Videoübertragung stattfindet.

Qualitative Arbeitszeit
Wie im vorhergehenden Abschnitt über Kommunikation bereits erwähnt, ist das spontane, persönliche Ansprechen von Kolleginnen und Kollegen auf persönlichem Wege nicht mehr möglich. Die digitalen Kommunikationsmethoden bieten üblicherweise die Möglichkeit von Chats, Anrufen oder auch Videochats an. Es ist für die Teammitglieder leichter, diese potenziellen Störungen zu steuern, als wenn man von einem Kollegen persönlich angesprochen wird. Es ist jedoch durchaus möglich, hier klare Regeln zu treffen oder im Zweifel auch die technische Verfügbarkeit aktiv zu beeinflussen. Insgesamt wirkt sich das positiv auf die Arbeitszeit aus, da die Teammitglieder es sehr schätzen, solche potenziellen Störungen besser steuern zu können. Auch wenn dies Auswirkungen auf das persönliche Miteinander eines Teams haben kann, führt dies jedoch zu einer höheren Netto-Arbeitszeit.

Zusammengefasst
Insgesamt betrachtet kann man sagen, dass die Remote-Arbeit viele neue Einflussfaktoren auf die Performanz agiler Teams mit sich gebracht hat. Nach einer kurzen Umstellungszeit haben alle befragten Teams es geschafft, sich in dem neuen Rhythmus einzuspielen. Dabei sind sowohl viele positive Aspekte zum Vorschein gekommen als auch einige negative. Eine stichfeste Antwort auf die Ursprungsfrage der Studie, nämlich die augenscheinliche Inkonsistenz zwischen der Theorie agiler Vorgehensmodelle und der tatsächlichen Performanz agiler Teams, lässt sich nicht geben. Die Kurzfristigkeit der Studie beeinflusst ebenfalls die Aussagefähigkeit, da der pandemische Zustand eine hohe Dynamik aufweist. Langzeitfolgen sind daher nur schwer einschätzbar.

Was bedeutet das für die Praxis?

Auch wenn wir derzeit keine genaue Prognose für die Zukunft abgeben können, lassen sich dennoch einige Empfehlungen aus unseren Ergebnissen für die Praxis ableiten.

Mehr digitalisieren
Ein hoher Grad an Transparenz hat sich als positiver Einflussfaktor auf die Performanz gezeigt. Das kann für viele durchaus trivial klingen, auch weil die Transparenz einen Kernaspekt von agiler Theorie bildet. Doch gerade, weil Grundlegendes häufig vernachlässigt wird, möchten wir es an dieser Stelle hervorheben. Es hat sich gezeigt, dass selbst in Teams, in denen agile Praktiken seit vielen Jahren im Einsatz sind, dennoch deutliche Optimierungspotenziale bestehen. Konkret kann die Transparenz durch die Digitalisierung agiler Artefakte, wie Boards oder Praktiken, wie Daily Stand-ups oder Retrospektiven, gesteigert werden. Außerdem hat sich gezeigt, dass die Dokumentation insgesamt genauer, gründlicher, effektiver und sachlicher geworden ist. Die Frage stellt sich, inwiefern man diese positive Entwicklung beibehalten und gar fördern kann, damit es auch langfristig so bleibt. An dieser Stelle muss man jedoch aufpassen, da es sich um eine Gratwanderung handeln kann. Wann ist eine Dokumentation zu gründlich oder gar unnötig? Der Umfang der Dokumentation oder vielmehr der Fokus auf funktionierende Software ist schließlich eine der vier Wertedefinitionen des agilen Manifests.

Besser kommunizieren
Durch die bestehende Distanz darf die eigentliche Arbeit nicht gefährdet werden. Hierzu wird eine Vielzahl an Tools verwendet, die unterschiedliche Zwecke erfüllen sollen. Dabei ist die klare zweckgebundene Trennung zwischen den Anwendungen essenziell, da es sonst das Gegenteil bewirkt. So ist klar zu unterscheiden, mit welchem Tool Aufgaben koordiniert, Gespräche audiovisuell geführt werden, in welchem Tool nur visuell „gechattet“ wird und in welcher Wiki-Anwendung oder welchem Dokumentenverzeichnis Beschlüsse/Informationen festgehalten werden. In unserer Studie nutzen dabei alle vier Unternehmen Microsoft Teams als Kommunikationstool. Neben E-Mails wird auch vereinzelt Slack verwendet. Im Bereich der Kollaboration sind die Atlassian-Produkte Jira und Confluence die Vorreiter. Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass die meisten Unternehmen mehr oder weniger strikte Vorgaben bezüglich der Tools machen, die verwendet werden dürfen.
Bei der Durchführung von digitalen Besprechungen ist es zum einen leichter geworden, für eher unauffällige Mitarbeiter noch stärker unterzutauchen, da sie sich weniger unter Druck gesetzt fühlen, als es in einer persönlichen Besprechung der Fall ist. Zum anderen ist es ebenfalls einfacher, in einer digitalen Besprechung abzudriften und sich zwischenzeitlich anderen Dingen zu widmen, da dies unbemerkter abläuft. Insbesondere mit kabellosen Kopfhörern oder Headsets ist es möglich, an der Besprechung teilzunehmen, ohne vor dem Bildschirm zu sitzen.
Eine Abhilfe für beide potenzielle Szenarien bietet die Videoübertragung. Diese Funktionalität ist bei den meisten Kommunikationstools, wie Microsoft Teams oder Zoom, Grundbestandteil. Die Videoübertragung hilft, die Gestik und Mimik des Gegenübers zu sehen, und steigert womöglich die Effizienz der Kommunikation. Auch die Fokussierung auf das Meeting wird damit sichergestellt, da auch hier eine anderweitige Beschäftigung sichtbar ist. Zudem kann Konfliktpotenzial besser erkannt werden, da beispielsweise die Reaktionen der Besprechungsteilnehmer wahrnehmbar sind, wenn eine bestimmte andere Person das Wort ergreift. Vermutlich können Konflikte aber nach wie vor am besten durch die physischen Besprechungen erkannt werden. Hier gibt es jedenfalls auch Optimierungspotenzial bei den digitalen Technologien. Mixed Reality könnte hier in Zukunft helfen, beispielsweise durch die Projizierung der physischen Körper in einen virtuellen Raum. Doch gibt es heutzutage hierfür noch keine massentaugliche Lösung.

Socializing nicht vergessen
Um den Teamgeist auf einem möglichst hohen Niveau zu halten, sollte man sozialen Aspekten bei der Arbeit eine besondere Beachtung schenken. Das fängt damit an, dass agile Events etwas umstrukturiert werden können. Bei einem Daily kann beispielsweise die Timebox-Dauer erhöht und die zusätzliche Zeit für Off-Topics verwendet werden. Allgemein sollte der soziale Austausch gefördert werden.
Ein weiterer Mechanismus kann eine virtuelle Kaffeepause sein, die natürlich auf freiwilliger Basis ablaufen und bei der Gegenstand der Gespräche alles außer Arbeit sein soll. Zusätzlich können weitere Events, wie ein virtuelles Essen oder Feierabendbier, geschaffen werden. Ein Erfolgsrezept haben wir dabei nicht. Wir haben festgestellt, dass solche Mechanismen bei allen befragten Unternehmen (in verschiedenster Form) probiert oder gelebt werden. Die Ergebnisse sind dabei sehr unterschiedlich. Beispielsweise wurde bezüglich virtueller Kaffeepausen in einem der Unternehmen gesagt, dass die anfänglich hohe Partizipation bereits nach kurzer Zeit nachließ und als Konsequenz der Rhythmus des Events vom Täglichen ins Wöchentliche übergegangen ist.
Wir möchten jedoch betonen, dass die Auswirkung eingeschränkter oder gar gänzlich fehlender zwischenmenschlicher Interaktion im Team nicht zu unterschätzen ist. Hierbei können Socializing Events für das Team eine Möglichkeit sein, diesen grundlegenden Kommunikationsbedürfnissen nachkommen zu können. Letzten Endes muss aber jedes Team eine eigene Trial&Error-Phase durchlaufen. Aus unserer Sicht sind solche Praktiken empfehlenswert, da sie einen positiven Einfluss auf das Team darstellen und damit potenziell die Performanz steigern.

Arbeitsmodelle optimieren
Wir haben festgestellt, dass die Teams die Remote-Tätigkeit in Zukunft (nach der Pandemie) als Bestandteil des Arbeitsmodells sehen. Die Anwesenheit vor Ort soll dabei nicht vollständig entfallen. Vielmehr stellen sich die meisten Befragten eine Art Hybridbetrieb vor, mit verschieden starken Gewichtungen auf die Remote-Tätigkeit oder die Arbeit vor Ort. Wie schafft man es, im Hybridbetrieb ein hohes Niveau an qualitativer Arbeit zu schaffen? Wie alles andere ist die Balance entscheidend. Bei wichtigen Workshops besteht der Konsens, dass physische Präsenz zum besseren Ergebnis führt als die digitale. Auch in Sachen Einarbeitung neuer Mitarbeiter wird die physische Präsenz favorisiert. Das kann man sowohl mit dem fachlichen als auch mit dem sozialen Aspekt erklären. Im täglichen Doing hingegen hat sich das Homeoffice-Modell als performant und sinnvoll erwiesen. Wir sehen, dass in der Remote-Tätigkeit ein höheres Niveau an qualitativer Arbeitszeit erreichbar ist. Unter anderem lässt sich das darauf zurückführen, dass die Teams die potenziellen Störfaktoren besser steuern können. In der digitalen Kollaboration ist es leichter, sich für eine gewisse Zeit von anderen abzuschirmen, als vor Ort. Aber auch das kann ein zweischneidiges Schwert sein, daher muss die richtige Balance gefunden werden.

Ach und übrigens ...
Einen weiteren Aspekt, den wir gerne hervorheben möchten, ist die Work-Life-Balance in der Remote-Tätigkeit. Im Rahmen der Befragungen, aber auch durch unsere eigenen Erfahrungen, stellten wir fest, dass der Arbeitsplatz sich als sehr heterogen darstellt. Nur die wenigsten verfügen über einen dedizierten Arbeitsraum. Meist wird die Arbeit in Küchen, Wohnzimmern, Schlafzimmern oder auch Kinderzimmern durchgeführt. Dazu kommt, dass die heimische Büroausstattung oftmals nicht die gleiche Qualität aufweist, wie die im Unternehmen. Beispiele dafür wären höhenverstellbare Tische, ergonomische Stühle, mehrere Monitore oder auch Whiteboards.
Neben den technischen Herausforderungen können auch die äußeren Umstände zu einer höheren Belastung führen. Die häufigen kleinen, nicht berufsbezogenen Störungen erfordern ein hohes Maß an Disziplin, um die Konzentration aufrecht zu erhalten und sich nicht ablenken zu lassen. Dazu zählen beispielsweise häusliche Tätigkeiten, Familienmitglieder oder das Öffnen der Tür für den Paketboten.
Nicht zu unterschätzen ist auch der Faktor der Vereinsamung. Insbesondere für Alleinwohnende kann die Pandemie einen negativen Einfluss haben, da aufgrund von gesetzlichen Kontaktbeschränkungen sowie der Umstellung auf ein Homeoffice-Modell die Anzahl der persönlichen Kontakte (privat oder beruflich) drastisch abnehmen kann.
Als positiv können wir die flexiblere Gestaltung des Arbeitstages hervorheben. Da man sich nun viel mehr zuhause befindet, ist es leichter, sonstige Termine, wie den Handwerker-Besuch, zu koordinieren und wahrzunehmen. Man ist auch weniger stark an Zeiten gebunden, zu denen das Office geöffnet ist, sodass man sehr früh oder sehr spät am Tag noch arbeiten kann. Zusätzlich entfallen Wegzeiten zu und vom Office, wodurch man mehr wertvolle Freizeit gewinnt.

Literatur & Links

[AM] K. Beck et al., Agiles Manifest, siehe: https://agilemanifesto.org/

[Kom20] A. Komus, Abschlussbericht: Status Quo (Scaled) Agile 2020. 4. Studie zu Nutzen und Erfolgsfaktoren agiler Methoden, siehe: https://www.hs-koblenz.de/bpm-labor/status-quo-scaled-agile-2020

[SS17] K. Schwaber, J. Sutherland, The Scrum Guide, siehe: https://www.scrumguides.org/scrum-guide.html

[VC20] VersionOne, Collabnet: 14th Annual State of Agile Report, siehe: https://www.stateofagile.com

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Yevgen Bogdanov ist Business Analyst bei einer Unternehmensberatung und seit vielen Jahren in der agilen Softwareentwicklung tätig. Seinen Arbeitsschwerpunkt bilden IT-Transformationsprojekte in der Versicherungsbranche.
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Michael Neumann arbeitet seit mehr als zehn Jahren in der agilen Softwareentwicklung und berät als agiler Coach Unternehmen bei der Einführung und Anwendung agiler Vorgehensmodelle. Zudem erforscht er Einflüsse auf die Elemente agilen Arbeitens und untersucht Erfolgsfaktoren der agilen Softwareentwicklung.
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Martin Lier

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Martin Lier ist als agiler Coach, Trainer und Berater tätig. Er begleitet agile Teams in unterschiedlichen Rollen und berät seine Kunden bei verschiedenen methodischen und operativen Herausforderungen. Neben IT- und prozessualen Themen ist auch das effiziente Arbeiten ein wichtiger Bestandteil.
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Lars Baumann

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Lars Baumann Datenarchitekt bei der OPITZ CONSULTING Deutschland GmbH, berät seit mehr als zehn Jahren Unternehmen vorwiegend rund um datengetriebene Themen. Mit dem Blick für moderne Datenlandschaften findet er gemeinsam mit seinen Kunden maßgeschneiderte Lösungen in den Bereichen Business Intelligence, Analytics und Process Intelligence. Seit August letzten Jahres ist er auch als Dozent an der Fachhochschule der Wirtschaft tätig.

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