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Nachhaltigkeit braucht feste Termine

Wie verankere ich Nachhaltigkeit im Unternehmen, etwa in der Softwareentwicklung? Wie behalte ich dieses ambitionierte Ziel im Projektalltag im Blick? Notwendig ist ein systematisches Vorgehen, das sich Grundsätze agiler Methoden wie Scrum zu eigen macht. Ein wichtiger Baustein sind regelmäßige Meetings, in denen Nachhaltigkeit zum zentralen Thema wird.
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Jochen Joswig

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  • 24.02.2023
  • Lesezeit: 15 Minuten
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Betrachtet man den Arbeitsalltag von Softwareentwicklungsprojekten, ist Nachhaltigkeit häufig nur eine Fußnote. Die Relevanz von Nachhaltigkeit für das eigene Unternehmen anzuerkennen, führt nicht selten zu Überforderung. Bisher gibt es in der Praxis keinen etablierten Ansatz, um Nachhaltigkeit den notwendigen Stellenwert in der Softwareentwicklung zu geben. Während Nachhaltigkeit privat oft gelebt wird, kommt dieser im Arbeitsalltag der IT-Industrie lediglich eine untergeordnete Rolle zu. Dabei ist der Einfluss der IT-Industrie enorm, so könnte laut Harvard Business Review 2040 die Informations- und Kommunikationstechnik für 14 Prozent der globalen CO2eq-Emissionen verantwortlich sein [Pod20]. Climate Watch beziffert indes den heutigen globalen Treibhausgasausstoß des gesamten Transportsektors auf ca. 17 Prozent [CW].
Ersetzen virtuelle Meetings Reisen, hilft Software, den CO2-Ausstoß zu verringern. Wird Nachhaltigkeit durch den Einsatzzweck der Software erreicht, spricht man von Green-by-Software. Man kann auf Nachhaltigkeit auch in der Software selbst achten, dann spricht man von Green-in-Software. Das Potenzial von Green-in-Software belegte das Umweltbundesamt in seinem Abschlussbericht („Entwicklung und Anwendung von Bewertungsgrundlagen für ressourceneffiziente Software unter Berücksichtigung bestehender Methodik“, 2018). Die Forscher stellten darin einen ca. 3,9-fachen Unterschied in der Leistungsaufnahme der Hardware fest, je nachdem welche Software für die Textverarbeitung benutzt wird. Angesichts großer Nutzerzahlen wirken sich bereits kleine Verbesserungen enorm auf den globalen Stromverbrauch aus. Nur mit beiden Ansätzen werden wir unsere Ambitionen erreichen, im Hinblick auf den Klimawandel und weitere Ziele einer nachhaltigen Zukunft. Ich spreche in diesem Artikel bewusst immer von Nachhaltigkeit, da der von mir vorgeschlagene Ansatz für sämtliche Nachhaltigkeitsfragen anwendbar ist, egal ob ökologisch, sozial oder verantwortungsvolle Unternehmensführung.

Regeltermine für Nachhaltigkeit im Projekt

Im Kern besteht mein Ansatz aus kontinuierlich stattfindenden Nachhaltigkeitsmeetings, die Diskussionen und Überlegungen rund um die Nachhaltigkeit des eigenen Projekts vorbehalten sind. Regeltermine sind ein notwendiger Bestandteil agiler Softwareentwicklung. In regelmäßigen Abständen werden die Fortschritte der vergangenen Tage in einem Review-Termin vorgestellt. Es wird besprochen, welche Neuerungen an die Nutzer geliefert werden können. Eine Retrospektive dient dem Zweck, in einem vertrauten Raum offen anzusprechen, was in der Zusammenarbeit gut lief und was hätte besser laufen können. In Plannings werden bevorstehende Aufgaben besprochen und heruntergebrochen. Selbstverständlich machen diese Termine ein Projekt noch nicht agil, genauso wie ein Nachhaltigkeitsmeeting ein Projekt nicht automatisch nachhaltig macht. Allerdings schaffen diese Termine die Grundlage für eine fokussierte, geordnete und flexible Arbeitsweise. Abbildung 1 vermittelt einen Überblick, wie sich Nachhaltigkeitsmeetings in einen agilen Arbeitsprozess integrieren und diesen erweitern. Erfahrungsgemäß fällt es schwer, Nachhaltigkeit vollumfänglich in bereits bestehende Termine und Strukturen einzubinden. Einen eigenen Raum für Nachhaltigkeit zu schaffen, gibt allen Teilnehmern die Gelegenheit, sich unabhängig von ihrer aktuellen Arbeit auf das Thema zu konzentrieren. Man ist unabhängig vom aktuellen Projektfortschritt und kann so gegebenenfalls Nachhaltigkeit noch nachrüsten.

Abb. 1: Übersicht, wie Nachhaltigkeitsmeetings das agile Arbeiten nach Scrum erweitern

Inhalte der Meetings

Bei der inhaltlichen Ausrichtung steht man vor folgendem Problem: Einerseits gilt es, alle Teilnehmer und alle Aspekte einzubeziehen, andererseits gilt es, die Effizienz zu wahren und sich nicht zu verzetteln. Besonders gute Erfahrungen habe ich mit folgenden Vorgehensweisen gemacht: Kein Thema vorzugeben, eignet sich besonders gut, um einen Überblick über den aktuellen Stand zu bekommen oder um herauszufinden, wo der Schuh gerade am meisten drückt. Dazu stellt man (analog zu: Brainstorming, Synektik und ähnlichen Kreativitätsmethoden) einfache Fragen an die Runde, etwa:

  • Wo seht ihr allgemein Potenzial für Verbesserung?
  • An welcher Stelle ist unsere Software ineffizient?
  • Können wir bei der Entwicklung Ressourcen sparen, wenn ja, wie?

Durch derartige Fragen bekommt man meist eine recht große Anzahl an Vorschlägen. Hat man bereits einen Überblick gewonnen oder möchte den Fokus auf bestimmte Bereiche richten, kann man die Fragen entsprechend anpassen:

  • Wie können wir unseren <hier Bereich einfügen> nachhaltiger gestalten?
  • Wie können wir im/bei/während <hier Bereich einfügen> auf Nachhaltigkeit achten?

Sollten Sie Schwierigkeiten haben, solche Fokus-Bereiche zu finden, könnten Ihnen die folgenden Vorgehen helfen:

  • Fachliche Unterteilung: Die meisten Anwendungen lassen sich in Komponenten zerlegen, wobei jeder Komponente eine bestimmte Funktion zu geordnet wird, beispielsweise der Warenkorb oder die Suchfunktion einer E-Commerce-Anwendung (siehe Abbildung 2).

Abb. 2: Abstrakte Darstellung der Unterteilung einer Software in fachliche Komponenten

  • Layer-Modell: Die meisten Anwendungen lassen sich auf verschiedene Schichten aufteilen, etwa in Frontend-, Backend- und Datenhaltungsschichten. Je nach Projekt müssen nicht immer alle Schichten vorhanden sein, und es gibt verschiedene Ansätze, das eigene Projekt in Schichten zu unterteilen. Auch Netzwerk oder Cloud-Provider können für ihr Projekt als Schicht infrage kommen. Überdies sollte der Einfluss der eigenen Unternehmenskultur und -führung sowie Arbeitsweise nicht vernachlässigt werden. Dasselbe gilt auch für die User Experience und Interface (siehe Abbildung 3).

Abb. 3: Mögliche Unterteilung einer Software in Schichten

  • Life Cycle Analyse (LCA): Die vorhergenannten Ansätze eignen sich besonders, um den Ist-Zustand zu beleuchten. Mithilfe der LCA ziehen Sie auch die temporale Komponente mit in Betracht. Dadurch fällt es leicht, auf künftige Auswirkungen einzugehen und möglichst früh vorzusorgen. Des Weiteren regt dies dazu an, Themen wie die End-of-Life-Phasen zu besprechen, die sonst oft unbeachtet bleiben (siehe Abbildung 4).

Abb. 4: Die fünf Lebensabschnitte einer Software

Zusätzlich können Sie sich mit Ideen und Erkenntnissen auseinandersetzen, welche Sie oder Ihre Kollegen bei ihren Recherchen zu nachhaltiger Software finden. Ansatzpunkte und Veröffentlichungen, die sich für diese Recherche eignen, gibt es sehr viele. Die Green Software Foundation beschäftigt sich mit dem Ziel, Software klimaneutral zu machen, und veröffentlicht über diverse Kanäle Erkenntnisse, Projekte und ihre Meilensteine auf diesem Gebiet. Die Cloud Native Computing Foundation beschäftigt sich in ihrer Environmental Sustainability Technical Advisory Group mit der Entwicklung nachhaltiger Cloud-Lösungen. Neben Foundations gibt es diverse Konferenzen mit Nachhaltigkeitstracks oder die „EnviroInfo“ und die „Bits und Bäume“, welche sich vorwiegend mit Nachhaltigkeit beschäftigen. Beispiele deutschsprachiger Angebote gibt es ebenfalls:

  • die Arbeitsgruppe „Nachhaltigkeit“ der Gesellschaft für Informatik,
  • Meetups, wie das der Community des Green Software Development Manifests (www.greenmanifesto.de).

Die genannten Quellen können nicht nur als Ideengeber für Themen und Fragestellungen dienen. Dort geteilte Informationen und Wissen können hilfreich sein, um Lösungsansätze zu finden. Da vermutlich vorwiegend Softwareentwickler an Ihren Nachhaltigkeitsmeetings teilnehmen werden, bestehen viele der vorgeschlagenen Lösungen erfahrungsgemäß aus Performanceverbesserungen und Einsparpotenzialen. Diese sollten eine wichtige Säule Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie bilden, allerdings ist diese eine Säule isoliert nicht in der Lage, Ihre gesamte Nachhaltigkeitsstrategie zu tragen. Achten Sie daher darauf, auch auf andere Themen zu schauen, und führen Sie die Diskussionen auch zu Themen wie dem Rebound-Effekt, Accessibility oder Supply Chain. Besprechen Sie die Auswirkungen einzelner Bestandteile oder Features und lassen Sie diese Erkenntnisse in deren Bewertung mit einfließen.

Formate: Von Retro-Klassikern bis zu Think, Pair, Share

Es sind viele verschiedene Formate denkbar, und man darf der eigenen Kreativität freien Lauf lassen. Wichtig bei der Wahl beziehungsweise der Entwicklung eines Formats sollte sein, dass sich alle Teilnehmenden aktiv beteiligen können und wollen, dass auf die Zeit und den Detailgrad der Diskussionen geachtet wird und das Format zum Inhalt und Ziel passt. Zwischen einer guten Retrospektive und einem guten Nachhaltigkeitsmeeting bestehen Parallelen. Viele Formate wie die 4-Column Retro, auch als „Start-Stop-Continue-Improve“ Retro bekannt, eignen sich ebenso für Nachhaltigkeitsmeetings. Tabelle 1 zeigt eine verkürzte Gegenüberstellung von Retrospektive und Nachhaltigkeitsmeeting.
Es können andere Formate wie „Think, Pair, Share“, „Snowballing“ oder „Jigsaw“ ausprobiert werden, welche für Retros eher ungeeignet sind:

Tabelle 1: gekürzte Gegenüberstellung von Retrospektive und Nachhaltigkeitsmeetings

  • Bei Jigsaw beschäftigt sich jeder Teilnehmer zu Beginn mit einer anderen Teilfrage oder einem Teilproblem, erarbeitet einen Lösungsvorschlag und stellt diesen anschließend der Gruppe vor.
  • Beim Snowballing beschäftigt sich jeder zu Beginn mit derselben Frage und diskutiert Lösungen dann in immer größer werdenden Gruppen.
  • „Think, Pair, Share“ funktioniert ähnlich. Während der initialen

„Think“-Phase, arbeiten alle selbstständig an Lösungsideen, darauf folgt eine „Pair“-Phase, in der die Ideen zu zweit diskutiert und anschließend der Gruppe vorgestellt werden.
Zeitlich sollten nicht mehr als 90 Minuten eingeplant werden, oft reichen bereits 30 bis 60 Minuten, je nach Thema und Teilnehmeranzahl. Themen und Formate sollten angemessen gewählt und vorbereitet werden. Um die Themen möglichst effektiv zu besprechen, kann es förderlich sein, dass sich Teilnehmer auf ein bevorstehendes Meeting vorbereiten, indem sie ihre Beobachtungen protokollieren und aufbereiten oder indem sie sich benötigtes Wissen aneignen.

Wie wählen Sie die Teilnehmer aus?

Wer sollte bei einem Nachhaltigkeitsmeeting dabei sein? Mit dieser Frage steht und fällt der Erfolg des Meetings. Je nach Format kann die ideale Anzahl an Teilnehmern variieren. Erfahrungsgemäß sind drei bis acht eine gute Größe. Bei weniger als drei Personen besteht die Gefahr, zu wenige Sichtweisen und Expertisen abzudecken, bei mehr als acht neigen Debatten dazu, zu groß zu werden, zudem sinkt häufiger die Aufmerksamkeit einzelner. Ausnahmen sind Formate, in welchen die Teilnehmer in Fokusgruppen aufgeteilt werden, dann sind zwei bis vier Personen pro Fokusgruppe eine gute Größe. Eine weitere Ausnahme stellt das erste Nachhaltigkeitsmeeting dar. Hier gilt es, allen zu erklären, worum es geht, wie dieser neue Regeltermin funktionieren wird und warum es sie betrifft.

Meiner Erfahrung nach spielt Seniorität eine untergeordnete Rolle. Grüne Software und ihre Entwicklung sind noch recht junge Felder. Veröffentlichungen und Informationen sind über viele Quellen verteilt und nehmen spürbar zu. Somit ist relevantes Wissen nicht unbedingt vom Erfahrungsgrad abhängig und es bringen auch scheinbar unerfahrene Kollegen oft gute Ideen und Vorschläge ein. Professionals können diese einordnen und ihr Wissen über die Software und deren Entwicklung weitergeben. Dadurch lernen Juniors nicht nur mehr über die Software, die sie entwickeln. Durch das Einbringen eigener Vorschläge üben sie sich auch in Eigenständigkeit und lernen Selbstwirksamkeit, zwei wesentliche Faktoren für die eigene Motivation und Weiterentwicklung. Unabhängig vom Grad der Berufserfahrung haben alle die Möglichkeit, sich über neueste Erkenntnisse auszutauschen, wodurch die Notwendigkeit, sich stets selbst mit den allerneusten Veröffentlichungen zu befassen, reduziert wird.

Teilnehmer und ihre Fachgebiete sollten zum ausgewählten Thema passen. Ist kein Thema festgelegt oder gibt es keinen Fokus auf ein Fachgebiet, sollten die Teilnehmer möglichst viele verschiedene Fachbereiche abdecken. Alternativ lassen sich mehrere Termine mit jeweils einer anderen Gruppe einplanen, um verschiedene Sichtweisen abzudecken. Die Rolle des Organisators, Protokollierenden oder Moderators können Teilnehmer selbst übernehmen, was allerdings die Gefahr birgt, dass diese Personen sich weniger aktiv in die Diskussion einbringen. Daher kann es ratsam sein, diese Rollen einer Person dezidiert zuzuordnen (ähnlich einem FMEA-Methodenspezialisten oder einem Scrum Master), wodurch sich jeder Teilnehmer nur einer Aufgabe widmen muss und diese so besser ausfüllen kann.

Wann hält man Nachhaltigkeitsmeetings

Ein Kerngedanke der Nachhaltigkeitsmeetings ist es, die Projektarbeit zu ergänzen. Eine wichtige Entscheidung dabei ist der Rhythmus, in welchem die Meetings stattfinden. Ich empfehle ein monatliches Nachhaltigkeitsmeeting. Diese Spanne ist leicht planbar, bietet ausreichend Zeit, um an den Beschlüssen des letzten Termins zu arbeiten und um zwischen den Terminen neue Erkenntnisse zu sammeln.
Eine operative Anpassung ist unproblematisch. Wichtig ist vor allen, dass es einen festen Rhythmus gibt, damit die Aktivitäten nicht im Sande verlaufen. Der Rhythmus der Nachhaltigkeitsmeetings sollte unabhängig vom Sprintrhythmus sein, andernfalls läuft man Gefahr, sich zu sehr auf die Themen des aktuellen Sprints zu beschränken und den Blick auf das große Ganze zu verlieren. Können Fragen im Termin nicht abschließend geklärt werden, ziehe ich einen kurzfristigen Zusatztermin der Vertagung auf den nächsten regulären Termin vor. Tendenziell gilt: je größer das Projekt, desto häufiger die Meetings.

Nachbereitung eines Meetings

Nach einem erfolgreichen Nachhaltigkeitsmeeting sollte ein kurzes Decision Log erstellt werden. Hier reicht es aus, das Thema, die Vorschläge und Lösungsoptionen sowie das Ergebnis der Diskussion kurz und übersichtlich festzuhalten. Letzteres sollte auch beinhalten, für welche Optionen man sich nicht entschieden hat und warum.
Solche Decision Logs sind hilfreich, wenn zu einem späteren Termin eine ähnliche Fragestellung erneut aufkommt. Des Weiteren helfen diese Protokolle nicht nur dem eigenen Projekt. Indem man sie mit anderen teilt, können diese von der Diskussion profitieren und so ähnliche Situationen schneller bewältigen. Zudem erleichtern sie es, aus Fehlern zu lernen.

Neben dem Festhalten der Resultate ist es wichtig, die Entscheidungen auch in den Projektalltag zu integrieren. Hier eröffnet sich eine weitere Parallele zu Retros: Action Items können auch das Ergebnis von Nachhaltigkeitsmeetings sein. Für einzelne Beschlüsse lassen sich oftmals Features, User-Storys oder ähnliche Work Items anlegen oder die beschlossenen Punkte können in bereits bestehende Work Items mit aufgenommen werden, zum Beispiel in deren Akzeptanzkriterien. Sofern nicht bereits an anderer Stelle die Umsetzung der Entscheidungen ausreichend besprochen und dokumentiert wird, sollte dies zu Beginn eines folgenden Nachhaltigkeitsmeetings geschehen. Das motiviert Teammitglieder, an der Umsetzung zu arbeiten und Verantwortung zu übernehmen. Einige Organisationen haben bereits heute Auflagen und Ziele (selbst auferlegt oder vom Gesetzgeber vorgegeben), auf deren Erfüllung jeder Teil einer Organisation mit seinen Mitteln hinzuarbeiten hat. Dies können Decision Logs belegen. Selbst Organisationen, die noch ohne derartige Auflagen operieren, profitieren von solchen Strukturen. Führen Sie sie vorsorglich ein, sind Sie bestens gerüstet, sobald auch Sie entsprechende Vorgaben zu erfüllen haben. Nach dem Meeting ist vor dem Meeting: Manchmal ist es sinnvoll, Themen auf mehrere Termine aufzuteilen. Oft kristallisieren sich in der Diskussion zu einem Thema Nachfolgethemen heraus, sodass unmittelbare Folgetermine zu planen sind.

Vorteile und Effekte

Eine quantitative Kosten-Nutzen-Analyse gestaltet sich leider oft schwierig, da die Auswirkungen einzelner Maßnahmen auf die Umwelt oder die soziale Gemeinschaft entweder erst verzögert eintreten oder nur mit erheblichem Aufwand messbar sind. Ohne hier bereits konkrete Vorschläge präsentieren zu können, sehe ich die Notwendigkeit, Messgrößen und -methoden zu erstellen, die den Erfolg quantifizieren und damit die Zielerreichung messbar machen. Es gibt zwar Dashboards, Reports und Schnittstellen einiger Cloud-Provider oder Tools wie „Cloud Carbon Footprint“, aber diese bilden lediglich einen Teil des Gesamtbilds ab. Neben diesen Tools gibt es noch verschiedene Proxy-Metriken. Diese sind meist leichter zu messen oder zu überprüfen, haben aber teilweise nur einen indirekten Nachhaltigkeitsbezug. Beispiele für Proxy-Metriken sind: Cloud-Kosten, Stromverbrauch, Systemanforderungen und Lebensdauer der Hardware sowie klassische Code-Qualitätskriterien wie Modularität, Barrierefreiheit, Skalierbarkeit und viele mehr.
Das heißt, dass Sie nicht nur mit einer verbesserten Nachhaltigkeit, sondern auch mit einem gesamtheitlich besseren Produkt und Produktentwicklung als Ergebnis der Nachhaltigkeitsmeetings rechnen können. Projektteams, welche mit meiner Hilfe Nachhaltigkeitsmeetings eingeführt haben, sahen unter anderem Verbesserungen in Performance, Code-Lesbarkeit, Wartbarkeit, effizienter CI/CD-Pipelines und reduzierte Betriebskosten als willkommenem Nebeneffekt. Auf dem Weg zu einer detaillierten Analyse achten Sie bitte darauf, neben den direkten auch die indirekten Auswirkungen sowie die in Ihrer Supply Chain mit aufzunehmen.

Fazit

Ein Synergieeffekt ergibt sich für all jene Projekte und Unternehmen, welche Nachhaltigkeit als Qualitätsauflage einführen möchten. Denn die Konsequenz daraus ist, dass man Nachhaltigkeit definieren und Richtwerte/-linien festlegen muss, hierfür sind Nachhaltigkeitsmeetings ideal. Sie ermöglichen Ihnen eine agile, passgenaue und sukzessive Einführung. So bilden Sie Nachhaltigkeit langfristig auf zwei Ebenen ab:

  • zum einen über die Nachhaltigkeitsmeetings als Teil einer agilen und nachhaltigen Philosophie,
  • zum anderen als Qualitätsmerkmal.

Falls Sie dieser Beitrag motivieren konnte, Nachhaltigkeitsmeetings zu nutzen, so hoffe ich, meine Vorschläge zur Ausgestaltung sind hilfreich. Meines Erachtens ist dieser Ansatz zeitlos, da er einem Prozess Strukturen bietet, mit denen man auch auf neue Erkenntnisse und Umstände leicht reagieren kann. Meine Erfahrungen sind durchweg positiv. Vor allem aber musste ich lernen, dass der Wunsch, Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil unserer Arbeit zu denken, dennoch vorerst separate Strukturen in der Umsetzung benötigt.

Weitere Informationen

[CW] Historical GHG Emissions - Global Historical Emissions, Climate Watch, siehe:
https://www.climatewatchdata.org/ghg-emissions?breakBy=sector&chartType=percentage&end_year=2019§ors=agriculture%2Cindustrial-processes%2Cland-use-change-and-forestry%2Cwaste%2Cbuilding%2Celectricity-heat%2Cfugitive-emissions%2Cmanufacturingconstruction%2Cother-fuel-combustion%2Ctransportation&start_year=1990

[Pod20] S. Podder et al., How Green Is Your Software?, in: Harvard Business Review, siehe:
https://hbr.org/2020/09/how-green-is-your-software

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Jochen Joswig

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Zu Inhalten
Jochen Joswig ist Senior Software Engineer bei der MaibornWolff GmbH. Seit 2020 befasst er sich mit dem Thema Nachhaltigkeit und teilt seine Erkenntnisse und Ideen u. a. mit der Environmental Sustainability TAG der Cloud Native Computing Foundation und der Community des Green Software Manifests.

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