Als Arbeitsumgebung setzt Allen B. Downey in seinem Buch konsequent auf Jupyter Notebooks, die er auch zur Verfügung stellt. Auf diese Art und Weise kann die Leserin die einzelnen Snippets ausprobieren, ohne permanent das gedruckte Buch zur Hand haben zu müssen. Im Bereich der Mathematik erwartet der Autor nur "Grundkenntnisse", also das Verständnis der Rolle von Integral und Differenzial.
Diskrete Systeme als Basis der Modellierung
Obwohl das Buch nicht als "Einführung in Python" vorgesehen ist, illustriert das Kapitel zu den diskreten Systemen die im Python-Simulationsbereich verwendeten Syntax-Elemente sehr gut. Probleme wie das vom Empire State Building herunterfallende Pfennigstück dienen als praktische Motivation, die bei der Leserin das Interesse an der Arbeit aufrechterhält.
Das Buch wendet sich Klassikern der Modellierungstheorie zu – schon in diesem ersten Abschnitt findet sich beispielsweise ein Versuch zur Modellierung der Entwicklung der Weltbevölkerung. Der praktische Nutzwert des Buchs ist sehr hoch, weil am Ende jedes Kapitels weitere Aufgaben gestellt werden, die die eigenmächtige Vertiefung des Lehrstoffs ermöglichen.
Systeme erster Ordnung sind ebenso wichtig
Der zweite Teil läuft unter dem Namen Systeme der ersten Ordnung und wendet sich – logischerweise – Differenzialgleichungen der ersten Ordnung zu.
Neben einer Modellierung der Ausbreitung von Krankheiten in einer Studentenpopulation findet sich ein Exkurs zur im angelsächsischen Bereich weitverbreiteten Kaffeefrage. Im Prinzip handelt es sich dabei um die Frage, wie sich die Temperatur ändert, wenn man zwei Flüssigkeiten wie kalte Milch und heißen Kaffee mischt.
Interessant ist neben der "physikalisch witzigen" Fragestellung auch, dass Downey sowohl eine "modellbasierte" als auch eine "klassisch analytische" Methode als Lösung der dahinter stehenden Gleichungen präsentiert. Königsaufgabe ist in diesem Bereich die Simulierung einer Wand beziehungsweise der thermischen Transfers durch ebendiese. Der Aufbruch der Wand in eine Gruppe von Tiefpässen lässt dabei nicht nur bei Elektronikern Freude aufkommen.
Der fallende Pfennig dient dann als Überleitung in die Analyse von Systemen der zweiten Ordnung. Hier bekommt der Leser quasi nebenbei auch eine detaillierte Einführung in die "Rolle und Funktion" der Newtonschen Physik.
Von der Didaktik!
"Modeling and Simulation in Python" ist ein exzellentes Beispiel dafür, warum sich Python als Lehrsprache hervorragend eignet. Sowohl im "Offlinebetrieb" als auch insbesondere im Zusammenspiel mit Jupyter Notebooks ermöglicht die Programmierumgebung die Simulation von Aufgaben, ohne die Entwicklerin dabei mit umfangreichen mathematischen Gedanken zu belästigen. Dadurch entsteht schnell umfangreiches Verständnis der Simulation, außerdem wird Interesse für eigene Experimente geweckt.
Fazit
In der Theorie könnte sich die Rezensentin an dieser Stelle "ärgern", dass Downey wenig Informationen über die im Hintergrund befindliche Mathematik zur Verfügung stellt. Das wäre Schimpfen auf sehr, sehr hohem Niveau – wer die im Buch vorgestellten Versuche mit einem wachen Kopf durcharbeitet, bekommt ein solides Verständnis der diversen Verfahren und Methoden im Bereich der Computersimulation.
Außerdem sei angemerkt, dass das Buch – quasi nebenbei – auch einen kleinen Work-out für die Python-Kenntnisse darstellt.
Abb.1: Cover ''Modeling and Simulation in Python''
Titel: Modeling and Simulation in Python. An Introduction for Scientists and Engineers
Autor: Allen B. Downey
Seiten: 280
Verlag: No Starch Press
Jahr: 2023
ISBN: 9781718502161