MITO
Normen von integrierten Managementsystemen [IMS] fordern, dass Begutachtens- und Beurteilungsverfahren für die Bewertung von Arbeiten, Abläufen, Prozessen, Produkten und Dienstleistungen in Bezug auf:
- Erfüllung der Kundenanforderungen,
- Einhalten der Normenanforderungen,
- ausgehende Gefährdungen,
- sich ergebende Risiken und Chancen,
- Erfüllung beziehungsweise Abweichung der Regelvorgaben (Compliance),
- Integration Nachhaltigkeitskernthemen, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und vielen andere mehr
von der Organisation zu entwickeln und vorzugeben sind. Von einer großen Anzahl von Institutionen der Wirtschaft, Wissenschaft Gewerkschaften, Unternehmen und Stiftungen werden für die Umsetzung dieser Forderung umfangreiche Informationen angeboten, wie der Leitfaden „Guter Mittelstand“ von der Initiative Neue Qualität der Arbeit [INQA]. In der Regel werden hierbei detaillierte Beschreibungen und Beispiele als Problemlösung genannt. Allerdings fehlt in den meisten Fällen bei diesen Ausführungen ein Umsetzungswerkzeug, das eine zielführende Anwendung des Vorgehens in der Praxis ermöglicht.
MITO: Management, Input, Transformation und Output
Dieser Beitrag stellt den MITO-Methoden-Tool-Einsatz vor. Er erfüllt diese IMS-Normenforderung in vorbildlicher Weise, weil er ein standardisiertes Verfahren mit einer einheitlichen Vorgehensweise für die Anwender vorgibt, damit diese einfach, schnell, sicher, umfassend und transparent die Beurteilung methodengestützt durchführen und die geforderten IMS-Nachweise in digitaler Form erstellen können.
Der Bezug- und Ordnungsrahmen für eine ganzheitliche Organisationsgestaltung mit dem MITO-Methoden-Tool ist das MITO-Businessmodell, das über die systematische Beantwortung der 7W-Grundfragen die zu schaffenden Strukturen für eine prozessorientierte Organisation vorgibt. Geschäftsmodelle als strategische Führungsinstrumente ermöglichen dem Management agile Anpassungen an stattfindende unternehmensrelevante Veränderungen, zum Beispiel in Bezug auf Märkte, Kunden, Produkte, Prozesse, Technologien, Informationen, Gesetze, Kulturen und weitere. Das unternehmensspezifische Geschäfts- beziehungsweise Businessmodell beschreibt den Zusammenhang von Unternehmenszweck und Marktsegment, Schlüsselkunden, Schlüsselprodukten, Schlüsselprozessen, Schlüsselressourcen, Schlüsselpartnern und den dadurch erlösten Wert. Diese sieben Elemente werden im MITO-Businessmodell in Form eines integrierten Unternehmens- und Betriebsregelkreises abgebildet.
Systematischer Problemlösungszyklus
Der ganzheitliche MITO-gestützte Geschäftsmodell-Gestaltungsund -Entwicklungsansatz wird über die vorgegebenen MITO-Businessmodell-Strukturen mit den 7 Modellsegmenten in der Beantwortungsreihenfolge der einzelnen Grundfragen systematisch abgearbeitet, siehe Tabelle 1.
Führungssegment: | Weshalb? |
Kundensegment: | Wer? |
Outputsegment: | Was? |
Transformationssegment: | Wie? |
Inputsegment: | Womit? |
Lieferantensegment: | Mit wem? |
Leitungssegment: | Wert? |
BV1: V = Relevanz | H = Machbarkeit |
BV2: V = Zielerreichung | H = Kosten |
BV3: V = Aufwand | H = Nutzen |
BV 4: V = Lösungskosten | H = Lösungszeit |
Zu den einzelnen sieben Fragestellungen mit den dahinterstehenden Gestaltungsinhalten innerhalb der MITO-Businessmodell-Segmente gibt es MITO-Referenzportfolio-Checklisten, die einen zielführenden Problemlösungszyklus mit den Phasen:
- Analyse,
- Diagnose,
- Therapie und
- Evaluierung
regelkreisorientiert durchlaufen. Dies wird am Beispiel des systematischen MITO-Tool-gestützten Problemlösungszyklus mit Ziele-Maßnahmenbaum- und To-Do-Listen-Ableitung erläutert. Abbildung 1 zeigt den Gesamtzusammenhang.
Ausgangspunkt für die Analysephase ist auf der linken Bildseite eine themenspezifisch vorbereitete MITO-Portfoliomatrix bestehend aus mehreren Clustern mit Zeilen und Spalten. Zeilenweise sind die Bewertungskriterien oder Auditfragen zugeordnet.
Abb. 1: Systematischer MITO-Tool-gestützter Problemlösungszyklus in vier Phasen
Diese Portfoliomatrix kann vom Anwender frei konfiguriert werden, das heißt, es können weitere mögliche Kriterien oder Auditfragen zeilenweise zugefügt beziehungsweise auch entnommen werden. Spaltenweise können jetzt beispielsweise Prozesse, Funktionsbereiche, Produkte, aber auch Personen zugeordnet werden, auf die sich diese Bewertung bezieht. Das Differenzierungsmerkmal der MITO-Methoden-Tool-Anwendung ist die mehrdimensionale Bewertungsvarianten-Analyse, die es ermöglicht, über eine große Anzahl von unterschiedlichen Bewertungsvarianten, beispielsweise den in Tabelle 2 aufgeführten, eine Aufgabenstellung sehr detailliert zu betrachten, um auf diese Weise die Problemstellung ausgewogen und transparent zu analysieren. Durch die Anwendung frei wählbarer zweidimensionaler Bewertungsvarianten wird eine umfassende Analyse und Diagnose mit unterschiedlichen Problem- und Bewertungssichten ermöglicht, die die bisher praktizierte eindimensionale Betrachtungsweise verhindert beziehungsweise ablöst.
Die grafische Darstellung der Bewertungsergebnisse erfolgt in der Diagnosephase in Portfolio- oder Radardiagramm. Abbildung 1 zeigt grafisch die Handlungsbedarfe auf, die notwendig sind, die jeweilige Problemstellung zu lösen. Automatisch werden hier die lokalisierten Probleme in einer Handlungsbedarfsmatrix für die Therapiephase für die Ableitung eines Ziele-Maßnahmenbaums übertragen. Kaskadenförmig werden dabei in der ersten Zuordnungsmatrix diesem Handlungsbedarf mögliche Ziele zugeordnet, eine Ebene tiefer in der folgenden Zuordnungsmatrix diesen Zielen dann die Maßnahmen zur Beseitigung der Defizite hinzugefügt. Dieser Ziele-Maßnahmenbaum kann noch spaltenweise über mehrere Ebenen grafisch weiter entwickelt werden. Beispielsweise können auch noch über weitere Ebenen Kennzahlen, Prozesse oder Mitarbeiter den Maßnahmen zugeordnet werden. Die vorgenommene Zuordnung über alle Matrizenebenen wird dann als Relationsbaum abgebildet.
Für jedes Ziel wird anschließend eine Maßnahmen-To-Do-Liste mit Verantwortlichkeit, Termin und Zielvorgabe generiert. Nach der Durchführung der Maßnahmen erfolgt in Phase 4 eine Evaluierung, auch hier nach mehreren Bewertungsvarianten, beispielsweise mit:
- V = Effektivität und
- H = Effizienz,
um damit zu überprüfen, ob die vorgegebenen Ziele erreicht und die Maßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt worden. Den Abschluss bildet optional eine Reifegradbewertung. Hier sind mehrere unterschiedliche Reifegradmodelle im MITO-Methoden-Tool in der Evaluierungsphase hinterlegt. Es existiert bereits eine große Anzahl von MITO-Portfolio-Checklisten zu unterschiedlichsten Themenstellungen, wie den in Tabelle 3 genannten. Sie werden in gleicher Weise abgearbeitet, wie in dem oben beschriebenen Beispiel des systematischen Problemlösungszyklus vorgestellt.
Mit den im MITO-Tool miteinander verknüpften Methoden können anhand einer konfigurierbaren Relationsmatrix ergänzend weitere Analysen in Bezug auf die in der MITO-Portfoliomatrix zeilenweise hinterlegten Kriterien durchgeführt werden. Beispielsweise ABC-, Sensitivitäts-, Prioritäts-, Wechselwirkung-, Wirksamkeits-, Korrelations- oder Risikoanalysen. Über einen paarweisen Vergleich lässt sich ein Gewichtungsfaktor pro Kriterium bestimmen, der bei allen Analysen in die Bewertung einfließt.
Anforderungsanalysen | Compliance-Analysen |
Potenzialanalysen | Wissensbilanzanalysen |
SWOT-Analysen | KVP- und Fehler-Analysen |
Gefährdungsanalysen | Prozess-Assessments |
Belastungsanalysen | Management-Reviews |
Komplexitätsanalysen | Reifegradbewertungen |
Fazit
Der Einsatz des MITO-Methoden-Tools fördert den kontinuierlichen Aufbau von Wissen, Qualifikation und Kompetenz. Die Swimlane-Darstellung [Wiki] gewährleistet dabei eine transparente Dokumentation der Prozessorganisation. Die über den Ziele-Maßnahmenbaum abgeleiteten Problemlösungen lassen sich so nachhaltig umsetzen. Die umfassende Betrachtung bietet dabei den entscheidenden Wettbewerbsvorteil für ein erfolgreiches wandlungsfähiges Unternehmen.
Konkret wird bei Einsatz des MITO-Methoden-Tools den Anwendern eine hohe Methodenkompetenz für die Anwendung einer großen Zahl von Management-, KVP-, QM- und Kreativitätsmethoden oder standardisierte Verfahren zur Verfügung gestellt, die eine effiziente und effektive Vorgehensweise bei der Problemlösung ermöglicht. Gleichzeitig werden damit die IMS-Normenforderungen erfüllt, die von der Organisation den Einsatz dieser Verfahren fordern.
Buchhinweis
Das Buch [Bin20-b] stellt eine methodengestützte Vorgehensweise für eine ganzheitliche Businessmodell-Transformation durch einen zielführenden Change-Managementprozess vor. Dieser dient zur Ablösung funktionsorientierter Organisationsstrukturen zugunsten einer prozessorientierten Organisation mit den dazu notwendigen Methoden, Modellen, Vorgehensweisen und Tools.
Der Lösungsansatz ermöglicht eine ganzheitliche organisatorische, kulturelle, soziale und digitale Transformation des unternehmensspezifischen Businessmodells. Im Detail wird mit dem MITO-Modell als Bezugs- und Ordnungsrahmen und durch Unterstützung des MITO-Methoden-Tools mit vielen Praxisbeispielen beschrieben, wie das Management beziehungsweise die Organisationsverantwortlichen statt der vertikalen jetzt mit horizontalen auf die Wertschöpfungskette ausgerichteten Ordnungsstrukturen ihre Organisation erfolgreich gestalten, planen, und umsetzen. Im April 2022 erscheint ergänzend dazu ein weiteres MITO-Anwendungsbuch im Springer Vierweg-Verlag mit dem Titel: „Nachhaltige MITO-Businessmodell-Transformation” mit vielen Praxisbeispielen.
Weitere Informationen
[Bin15] H. F. Binner, Methoden-Baukasten für ganzheitliches Prozessmanagement, Springer/Gabler Verlag, 2015
[Bin18-a] H. F. Binner, Organisation 4.0: MITO-Konfigurationsmanagement, Springer Vieweg, 2018
[Bin18-b] H. F. Binner, Ganzheitliche Businessmodell-
Transformation mit dem MITO-Organisation 4.0-Ansatz, bookboon (The eBook company), 2018
[Bin20-a] H. F. Binner, Systematische MITO-Businessmodellentwicklung: Leitfaden zur Outputorientierten Unternehmensführung, bookboon.com, 2020
[Bin20-b] H. F. Binner, Ganzheitliche Businessmodell-Transformation – Systematische Prozessdigitalisierung mit der Unterstützung des MITO-Methoden-Tools, Neuerscheinung, Springer Vieweg Verlag, Juli 2020
[Bin20-c] H. F. Binner, Prozessdigitalisierung steht im Fokus – Informationsmanagement im Wandel, in: OBJEKTspektrum, 3/2020
[INQA] www.offensive-mittelstand.de/fileadmin/user_upload/pdf/leitfaden-mittelstand.pdf