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Lehrbuchautoren müssen vor ChatGPT (noch) keine Angst haben

In der populärwissenschaftlichen Presse geistert zurzeit das Schreckgespenst der künstlichen Intelligenz umher: Es soll Wissensarbeiter redundant machen und wie zuvor Handcomputer, 3G-Internet und Co. zu Internetsucht und Armageddon führen. Beim Springer-Verlag wagen drei Autoren die Probe aufs Exempel – ihr Lehrbuch "Einsatzmöglichkeiten von GPT in Finance, Compliance und Audit" entstand komplett unter Nutzung eines ChatGPT-basierten Textgenerators.
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Tam Hanna

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  • 27.02.2024
  • Lesezeit: 4 Minuten
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Das erste Kapitel des 154 Seiten langen Lehrbuchs beschäftigt sich mit dem Prozess: Die Autoren besprechen, wie die Nutzung von Chat-GPT zur Erzeugung des Lehrbuchs aussahen. Der Hinweis auf die kardinale Rolle der Qualität der Prompts ist logisch; schade ist, dass sich im Rest des Lehrbuchs keine Beispiele für die verwendeten Prompts finden.

Nach dem Vorwort finden sich eher allgemeine Hinweise zur Nutzung der ChatGPT-API: Für Leser des IT-Spektrums dürfte es beispielsweise nicht überraschend sein, dass man auf Änderungen im internen Aufbau der verschiedenen APIs reagieren muss beziehungsweise soll.

Tour durchs ganze Unternehmen!

Nach grundlegenden populärwissenschaftlichen Ausführungen zu den Vorteilen der Nutzung von GPT wendete sich das Buch den Problemen zu, die im Rahmen des Deployments auftreten können. Während das Autorenkollektiv eine komplette Darstellung der möglichen Probleme liefert, fällt spätestens hier eine Schwäche des Lehrbuchs auf: Die Texte wirken wie "mit der Schrotflinte" an den Platz gefeuerte Kartuschen, zwischen denen wenig logischer Zusammenhang besteht. Wie im Fall vieler geisteswissenschaftlicher Texte fühlt sich der Rezensent mit einer seltsamen Lebenserfahrung konfrontiert: Der Text ist "parsebar" und weist gültige Grammatik auf, Erkenntnisgewinn durch das Lesen setzt indes nicht wirklich ein. Ehrlicherweise geben die drei Autoren dies auch zu und erwähnen mehrfach, dass KI-Systeme die "intuitive" Informationsverarbeitung des menschlichen Gehirns nur sehr teilweise abgebildet bekommen. Das vierte Kapitel beginnt mit einer Besprechung von Einsprungvektoren, über die sich ChatGPT in der Finanzabteilung eines Unternehmens integrieren kann. Im Bereich der Tabellenkalkulation findet sich beispielsweise der Hinweis, dass man ChatGPT zur automatisierten Erstellung von Tabellen und Diagrammen einsetzen kann – "wie" man dies bewerkstelligt und wie man die Informationen für das Modell zur Verfügung stellt, bleibt offen.

Die darauffolgenden Kapitel gehen das Unternehmen Abteilung für Abteilung durch, um Hinweise zur Nutzung von ChatGPT im jeweiligen Bereich zu geben. Im Allgemeinen setzt sich dabei der Trend des geringen Tiefgangs fort. Interessant ist, dass es im Kapitel zur Investor Relationship immerhin graue Textkästen gibt, die Schritt für Schritt Anleitungen zur "theoretischen“ Inbetriebnahme geben.

Die Kapitel zur Innenrevision und zum Risikomanagement sind eine "Aneinanderreihung von allgemeinen Gedanken", schlüsselfertige Handlungsanweisungen sucht der Rezensent vergeblich.

Durchaus praktisch wird es dann im 14. Kapitel: Es stellt Tabellen zur Verfügung, die KI-Werkzeuge für die verschiedenen Sektoren empfehlen. Der Fokus liegt auf Textverarbeitung und Automatisierung; für Finanzmanagement finden sich nur drei Einträge. Einen "Index" gibt es am Ende des Werks in der PDF-Rezensionsausgabe nicht.

Dämpfer der Angst

Obwohl dem Lehrbuch nach seiner Auslieferung einige Aufmerksamkeit zuteilwurde, ist das Werk in der Praxis ein Text, der Angst vor KI reduziert. Außer Frage steht, dass die Texte grammatikalisch sauber sind. Nach dem Lesen stellt sich dem Rezensenten allerdings kein Gefühl der "Erleuchtung" ein – vielmehr fragt man sich, „was“ das Werk wirklich sagen möchte.

Kurz zusammengefasst bleibt festzustellen, dass das Werk bestätigt, dass man als Lehrbuchautor derzeit vor ChatGPT keine Angst haben muss. Dass Bewerbungsschreiber und andere Kandidaten dies anders sehen dürften, sei allerdings angemerkt.

Abb.1: Cover "Einsatzmöglichkeiten von GPT in Finance, Compliance und Audit. Vorteile, Herausforderungen, Praxisbeispiele"

Alexander Hüsch, Dirk Distelrath, Tanja Hüsch
Einsatzmöglichkeiten von GPT in Finance, Compliance und Audit. Vorteile, Herausforderungen, Praxisbeispiele
Seiten: 154
Verlag: Springer Gabler, 2023
ISBN Print: 978-3-658-41418-4
Sprache: Deutsch

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Tam Hanna

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Zu Inhalten

Tam Hanna beschäftigt sich mit der Programmierung von Mobilcomputersystemen und dem Design/Prototyping von Prozessrechnern und IoT-Systemen.


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