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Konferenzbericht: Amper: König im Karpfenteich

Nürnbergs Embedded World mag eine der größeren Messen in der Welt der Elektronik sein. Mit der in Brünn stattfindenden Amper gibt es allerdings ein kleineres Event, das ebenfalls die Aufmerksamkeit der Entwicklerschaft verdient.

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Tam Hanna

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  • 29.07.2025
  • Lesezeit: 7 Minuten
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Das Leben des Java-Programmierers nähert sich dem des Embedded-Entwicklers an – wer sich im Bereich des Internets der Dinge herumtreibt, profitiert zwangsweise von Grundkenntnissen in allem, was im Elektronikbereich kreucht und fleucht.

Terinvest zur 31. – Konsolidierung erfolgreich

Die letzte Amper® war vom Schrumpfen von drei auf zwei Messehallen bestimmt. Die 31. Auflage des Kongresses konnte diesen negativen Trend nicht wirklich stoppen; größer wurde das Event nicht mehr. Die „International Trade Fair for Electrical Engineering, Electronics and Energy“ fand im März in Brünn (tschechisch Brno) statt.

Neu ist außerdem, dass immer mehr große Hersteller fernbleiben – am Stand des Superdistributors ElkovElektro gab es 40 Unterstände, die verschiedenste früher einzeln vertretene Aussteller, beispielsweise in Sachen Werkzeugbau, präsentierten. Auf die Verfügbarkeit von Messeangeboten wirkt sich dies indes nicht sonderlich negativ aus – ElkovElektro druckte ein kleines Flugblatt, in dem man über die hauseigenen und von Partnern zur Verfügung gestellten Angebote informierte. Einige davon waren sehr attraktiv, andere eher durchschnittlich (siehe Abb. 1).

Manche Angebote von ElkovElektro sind durchaus beeindruckend

Abb. 1: Manche Angebote von ElkovElektro sind durchaus beeindruckend, 1 CZK ungefähr 0,04 EUR

Messtechnik im Dienste der Elektrotechnik

Eingepfercht zwischen Embedded World und EMV war vonseiten der Messtechnikhersteller nur vergleichsweise wenig zu sehen. Die hervorstechendste Neuerung war aus Sicht des Autors am Stand von BlueEmi zu sehen. Der chinesische RF-Spezialist Ceyear scheint nun erstmals abseits des Heimatlands auf Kundenfang zu gehen. Der Stand zeigte, wie in Abbildung 2 zu sehen, einen Signalgenerator und einen Spektralanalysator. Hervorzuheben ist an beiden vor allem die Grenzfrequenz, die sich jenseits von 50 GHz einpendelt.

Chinesische RF-Hersteller (radio frequency) wie Ceyear können auch High End

Abb. 2: Chinesische RF-Hersteller (radio frequency) wie Ceyear können auch High End

Wie im Fall vieler anderer Messgeräte gilt allerdings auch hier, dass das Standpersonal lieber sterben würde, als Preise bekannt zu geben – nach ausgiebiger „Überredung“ sprach man immerhin davon, dass der Einstiegspreis oberhalb von € 140.000 liegen würde und insbesondere von den ausgewählten und per Software implementierten Optionen abhängt.

Am Stand von Uni-Trend zeigte man – das Unternehmen ist traditionell stark im Bereich Elektroinstallation, und expandierte spät in den Bereich klassischer Laborelektronik – verschiedenste Geräte. Diese – auf der Embedded World nicht gezeigten Geräte – sind für die Bedürfnisse der Wärmepumpen- und Solarindustrien optimiert. Außerdem möchte man ein Stück vom Thermokamera-Kuchen ab haben und plant die Lancierung einer hauseigenen Kamera. Ein frecher Test des Autors belegte dann große Kompatibilität – die Steuerungsapplikation der InfiRay P2 Pro spielte absolut problemlos mit der am Stand von Uni-Trend herumliegenden Prototypenkamera zusammen.

Zu guter Letzt gibt es im Hause von Danaher noch einen Neuzugang, die in Abbildung 3 gezeigte Geräuschkamera.

Geräuschkamera von Danaher

Abb. 3: Geräuschkamera von Danaher

Genau genommen handelt es sich dabei um ein an den Kinect erinnerndes Produkt, das aber statt Tiefeninformationen lediglich Informationen über die Geräuschintensität ausgibt. Wichtigster Anwendungszweck des Systems ist das Erkennen von Lecks – wer Leckagen in Rohren effizient aufspürt, kann Betriebskosten reduzieren.

Avionik und Robotik bieten weiten Beschäftigungsbereich

Lag der Fokus der Amper einst vor allem auf der Elektroinstallation und dem smarten Haus, so gibt es nun verschiedenste Aussteller aus dem Bereich Robotik.

Das Unternehmen wheel_me – durch seinen Distributor BeeWaTec vertreten – betonte die hohe Flexibilität des hauseigenen Roboters. Es ist möglich, die Räder im Einsatz auszuwechseln, was die „Uptime“ des Roboters wesentlich erhöhen sollte.

In Sachen Elektromobilität war das Unternehmen MGM COMPRO interessant. Man arbeitet dort an einem elektrischen Rotor, der als Ersatz für klassische Turboprops vorgesehen ist. Das Standpersonal sprach davon, im Jahr 2026 einen Erstflug durchzuführen. Sehr wahrscheinlich dürfte die Evektor EV-55 als Basisflugzeug für die Experimente herangezogen werden.

Apropos Flugzeug: Dass sich Distributoren mehr und mehr in den Bereich Value Added Services vorwagen, dürfte für Beobachter der Elektronikindustrie keine nennenswerte Neuerung darstellen. Interessant ist es trotzdem. Der Distributor RayService, der verschiedene Unternehmen (wie das des Autors) mit hochwertigen Steckverbindern beliefert, macht seit vielen Jahren den Gutteil seiner Gewinne durch die Realisierung von Kabelbüschen, sowohl für Motorsport als auch für Avionik-Anwendungen. Der einst als Ausgang dienende Verkauf von Komponenten macht laut einem am Stand ausliegenden Prospekt mittlerweile sogar nur noch 20 Prozent des gesamten vom Unternehmen erwirtschafteten Umsatzes aus.

Exoten – von Formglas, vibrationsfester Hardware und intelligenter Planarenfertigung

Der Messerveranstalter Terinvest versucht seit längerer Zeit, unübliche Aussteller auf die Messe zu locken. Ein „Fixpunkt“ ist dabei der Stand des tschechischen Elektronik-Verlags B.E.N., der durch den Vertrieb von Bastler-Hardware ein Zubrot zu verdienen sucht. Am Stand findet sich dabei – für die Bezahlung sind ausschließlich tschechische Kronen als Bargeld zugelassen – so ziemlich alles, was man im Labor braucht, ohne es zu wissen. Hier bietet der Autor in „Tam Hanna's Crazy Electronics Lab“ auf Englisch einen Überblick dessen an, was in den vergangenen Jahren käuflich zu erstehen war.

Am Stand des Glas-Fertigers EcoGlas zeigte man eine neue, als SOL-Gel bezeichnete Technologie. Hintergrund ist, dass „voll eingefärbte“ Gläser ihren nicht eingefärbten Gläsern in Bezug auf die optischen Eigenschaften stark unterlegen sind. Geheimnis von SOL-Gel ist eine Siliziumdioxidschicht, die auf dem Glas aufgebracht wird und zur Farbveränderung beiträgt. Die optischen Eigenschaften werden durch dieses Verfahren laut der Aussage des Standpersonals indes nur wenig beeinflusst.

Mindestens ebenso interessant ist der Stand des Unternehmens CERVOZ. Der Hersteller hat sich auf die Fertigung von vibrationsrobusten Computerkomponenten spezialisiert. Dabei nimmt man im Allgemeinen „Stock-Bauteile“, um sie danach mit dem in Abbildung 4 gezeigten Verfahren robuster zu gestalten.

CERVOZ – im Zeichen der Resilienz!

Abb. 4: CERVOZ – im Zeichen der Resilienz!

Zu guter Letzt gilt, dass das Konzept der Mischung von Laser und Platinenmaterial nicht mehr die alleinige Domäne der LPKF Laser & Electronics SE ist. Mit P2J steht nun auch ein tschechisches Unternehmen am Start, das seiner Technologie so stark vertraut, dass man – siehe auch die Webseite – für Kaufinteressierte eine kostenlose Platine schießt und diese danach zwecks Evaluation ins Labor schießt.

Andere Unternehmen wie die chinesische DCT – auf der Amper wurde sie durch die französische C.I.F. vertreten – zeigen größere Geräte, die ebenfalls auf das „Lasern“ von Platinen spezialisiert sind.

Universitäten und das technische Museum

Ein weiteres Fixum der Amper ist – seit jeher – die Ausstellung des technischen Museums zu Brünn. Dieses Jahr lag der Fokus ganz auf klassischen Computerspielen.

Außerdem sind – wie üblich – die verschiedenen technischen Universitäten vertreten: An den Ständen zeigt man im Allgemeinen Studentenprojekte, die durchaus interessant ausfallen.

Fazit

Terinvest gelingt es mit der 31. Ausgabe der Amper abermals, eine durchaus interessante Messe zu gestalten. Andererseits gilt, dass ob der Kleinheit und der zeitlichen Nähe zu Embedded World und EMV der Neuigkeitsgehalt beschränkt ist.

Wer eine einfache Anreise nach Brünn oder dort sowieso etwas zu erledigen hat, dürfte den Besuch indes nicht bereuen. Die Messe ist nicht groß genug, um die Hotelpreise in die Höhe zu treiben, und sie ist per Zug sowohl ab Wien als auch ab Budapest beziehungsweise Pressburg (Bratislava) unproblematisch zu erreichen.

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Tam Hanna

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Tam Hanna beschäftigt sich mit der Programmierung von Mobilcomputersystemen und dem Design/Prototyping von Prozessrechnern und IoT-Systemen.


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