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KI-gestütztes Testing: Mensch und Maschine gemeinsam für bessere Softwarequalität

Softwaretests stoßen trotz Automatisierung an ihre Grenzen: hohe Kosten, langsame Feedbackzyklen und fehleranfällige Skripte. KI-Agenten in Verbindung mit MCP-Servern (Model Context Protocol) ändern das Spiel. Sie kombinieren Autonomie mit Orchestrierung und schaffen skalierbare, selbstheilende Test-Workflows. Für Unternehmen bedeutet das: schnellere Releases bei höherer Qualität.

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Deepshikha

Leitung Practise „AI in Testing“


  • 20.11.2025
  • Lesezeit: 11 Minuten
  • 24 Views

Das sich wandelnde Gesicht des Testens

Die moderne Softwarebereitstellung schreitet mit unglaublicher Geschwindigkeit voran. Anwendungen werden immer komplexer, Release-Zyklen kürzer und die Anforderungen an Geschwindigkeit und Qualität lassen wenig Spielraum für Fehler, sodass herkömmliche Testansätze selbst mit Automatisierung kaum noch mithalten können.

Gleichzeitig stehen Teams vor anhaltenden Herausforderungen: Testdesign und Testfallerstellung erfolgen weiterhin manuell und langsam, Automatisierungsskripte sind anfällig, erfordern ständige Überarbeitungen und lange Feedbackzyklen verzögern die Fehlererkennung. Lücken in der Abdeckung erhöhen die Risiken bei der Produktivsetzung, während Erkenntnisse reaktiv statt vorausschauend bleiben. Testen ist zeitaufwendig, kostspielig, uneinheitlich und stark vom Faktor Mensch abhängig. Unternehmen beklagen sich manchmal darüber, dass die Produktion trotz hoher Ausgaben für Tests immer noch fehlerhaft ist.

Hier kommt künstliche Intelligenz ins Spiel. Die Branche entwickelt sich von inkrementellen Gewinnen mit KI-gestützten Tools hin zu einem neuen Paradigma: KI-gestütztes Testen. Durch den Einsatz autonomer KI-Agenten in Kombination mit der Orchestrierungskraft von MCP-Servern können Unternehmen ihre End-to-End-Test-Workflows neu gestalten: Sie beseitigen Ineffizienzen, verbessern die Skalierbarkeit und verkürzen Release-Zyklen, ohne dabei Kompromisse bei der Qualität einzugehen. Gartner prognostiziert, dass bis 2027 rund 80 Prozent der Unternehmen KI-gestützte Tests in ihre Toolchain integrieren werden, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu nur 15 Prozent im Jahr 2023.

Die Rolle von KI-Agenten beim Testen

Ein KI-Agent ist ein Softwareprogramm, das seine Umgebung beobachtet, Daten sammelt und autonom Aufgaben ausführt, die auf vordefinierte Ziele abgestimmt sind. Diese werden von Menschen definiert, die konkrete Abfolge von Aktionen bestimmt jedoch der Agent selbstständig.

Ein KI-Testagent, der mit der Validierung eines Anmelde-Workflows beauftragt ist, könnte Testfälle generieren, diese ausführen, Reaktionen der Anwendung analysieren, Fehler identifizieren und sogar Skripte anpassen, wenn sich UI-Elemente ändern – und das nahezu ohne menschlichen Eingriff.

Grundprinzipien von KI-Agenten beim Testen

Es gibt fünf Grundprinzipien (siehe Abb. 1):

  • Autonomie: KI-Agenten arbeiten unabhängig und treffen Entscheidungen ohne ständige menschliche Aufsicht. Im Gegensatz zu starren Automatisierungsskripten bestimmen Agenten die nächsten Schritte, indem sie vergangene Ergebnisse, den Systemstatus und das Anwendungsverhalten auswerten.
    Beispiel: Wiederholung fehlgeschlagener Tests nach gezielter, manueller Aktualisierung von Testdaten oder Änderung von Umgebungskonfigurationen.
  • Zielorientiertes Verhalten: Agenten priorisieren Aufgaben, die die Abdeckung maximieren, risikoreiche Fehler aufdecken oder kritische Arbeitsabläufe validieren.
    Beispiel: Ein Agent konzentriert sich auf Edge Cases, die sich am ehesten auf Produktionssysteme auswirken.
  • Wahrnehmung: Agenten sammeln Eingaben aus Anwendungen, Protokollen, APIs und externen Systemen.
    Beispiel: Ein UI-Agent erkennt eine Layout-Änderung und aktualisiert automatisch Locators oder passt Testschritte an.
  • Rationalität: Agenten nutzen Kontextinformationen, vergangene Ergebnisse und Domänenwissen, um sinnvolle Testmaßnahmen sicherzustellen.
    Beispiel: Ein Agent überprüft Testfehler, um festzustellen, ob sie auf Umgebungsprobleme, Codefehler oder veraltete Skripte zurückzuführen sind.
  • Kontinuierliches Lernen: Agenten entwickeln sich durch Feedback aus Produktionsvorfällen, Fehlerclustern und Analysen weiter.
    Beispiel: Ein Agent lernt, welche API-Endpunkte häufig Latenzprobleme aufweisen, und priorisiert diese in zukünftigen Tests.

KI-Agenten sind kein Ersatz für menschliche Tester, sondern erweitern deren Möglichkeiten. Quality Engineers werden weiterhin benötigt, etwa um den richtigen Anwendungskontext und die Validierungskriterien bereitzustellen. Denn wenn der Kontext unvollständig oder ungenau ist, leidet auch deren Output. Quality Engineers spielen also eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung der richtigen Rahmenbedingungen.

Grundprinzipien von KI-Agenten beim Testen

Abb. 1: Grundprinzipien von KI-Agenten beim Testen

Was sind MCP-Server?

MCP-Server (Model Context Protocol) fungieren als Middleware, um KI-Agenten mit den Tools, Anwendungen und Umgebungen zu verbinden, mit denen sie interagieren müssen. Während KI-Agenten Entscheidungen treffen, sorgen MCP-Server für die zuverlässige Ausführung. Sie stellen standardisierte APIs bereit, sodass Agenten problemlos mit Unternehmenssystemen interagieren können.

Von KI-unterstützt zu KI-gestützt

Die erste Welle von KI im Testbereich war rein unterstützend. Sie half bei Empfehlungen, bei Generierung von Testfällen oder Codevorschlägen, erforderte jedoch noch manuelle Ausführung.

Die nächste Stufe ist das KI-gestützte Testen: Agenten verstehen den Systemkontext und führen Workflows mit minimalem menschlichem Eingriff aus. Sie können automatisch End-to-End-Testskripte generieren, Testsuiten anpassen und erweitern, die Regressionsauswahl optimieren und Skripte in Echtzeit pflegen, alles basierend auf Anwendungsdetails, User-Storys, Framework-Kontext und Tester-Input.

Mit MCP-Servern werden diese Fähigkeiten erweitert – etwa durch nahtlose Integration in CI/CD-Pipelines, Testumgebungen und heterogenen Toolketten. Dadurch wird sichergestellt, dass das Testen kontinuierlich, kontextbezogen und in Echtzeit an Systemänderungen anpassbar ist.

Zusammenarbeit von KI-Agenten und MCP-Servern

Der Agent erhält eine Aufgabe, zerlegt sie in Teilschritte, ruft über den MCP-Server die passenden Tools auf, analysiert Ergebnisse und passt sich kontinuierlich an, bis das Ziel erreicht ist. Dieses Zusammenspiel ermöglicht zuverlässigere Ergebnisse im Einklang mit Unternehmensprozessen (siehe Abb. 2).

Zusammenarbeit zwischen KI-Agenten und MCP-Servern

Zusammenarbeit zwischen KI-Agenten und MCP-Servern

Warum MCP-Server unverzichtbar sind

KI-Agenten sind leistungsstark im Denken, aber in ihrer Interaktion mit dem Software-Ökosystem eingeschränkt. Ohne MCP-Server stoßen Agenten an ihre Grenzen:

  • Eingeschränkter Toolzugriff: Agenten können nicht direkt in Unternehmenstools wie Jira, Playwright, Jenkins oder Confluence integriert werden. Sie benötigen entweder benutzerdefinierte Konnektoren oder API-Implementierungen. MCP-Server standardisieren diesen Zugriff und reduzieren so die Komplexität der Integration.
  • Fehlender Kontext: Agenten arbeiten oft mit unvollständigen Daten. MCP-Server bieten einen strukturierten Kontext wie Projektkonfigurationen, Umgebungszustände oder Testframeworks auf der Grundlage verbundener Tools und stellen so sicher, dass Agenten immer mit genauen und aktuellen Informationen arbeiten.

Die Auswirkungen von KI-Agenten und MCP-Servern lassen sich am besten anhand eines einfachen, aber universellen Anwendungsfalls, beispielsweise eines Anmelde-Workflows, erklären. Jede Anwendung verfügt über einen solchen Workflow und jeder Tester weiß, wie oft kleine Änderungen hier Auswirkungen auf die gesamte Testsuite haben können.

Ohne MCP: intelligent, aber blind

Zu Beginn forderten wir einen KI-Agenten auf: „Generiere ein Playwright-Testskript für den Anmelde-Workflow unserer Anwendung.“

Der Agent lieferte prompt ein Skript mit Benutzername, Passwort und Login-Button-Selektoren. Auf den ersten Blick beeindruckend, aber zu generisch. Es fehlte der reale Anwendungskontext: benutzerdefinierte Selektoren, Authentifizierungsregeln, Umgebungsvariablen und Testdaten.

Das Ergebnis? Wir mussten das Skript manuell anpassen, es anhand unseres Frameworks validieren und den Vorgang bei jeder Änderung der Benutzeroberfläche wiederholen. Die KI sparte zwar Zeit bei der Skriptgenerierung, brachte jedoch laufenden Wartungsaufwand mit sich.

Mit MCP: intelligent und kontextbezogen

Anschließend haben wir denselben KI-Agenten mit einem Playwright-MCP-Server verbunden und Befehl erneut ausprobiert. Diesmal war das Ergebnis ganz anders. Der MCP-Server versorgte den Agenten mit Echtzeit-Kontext: der aktuellen DOM-Struktur, Selektoren aus unserer Umgebung, Authentifizierungslogik und Testdatenregeln. Das Ergebnis war kein generisches Skript, sondern war direkt in unserer tatsächlichen Anwendung ausführbar.

Noch besser: Als die Anmeldeseite aktualisiert wurde, zeigte der MCP-Server die Änderungen an und der Agent passte das Skript automatisch an. Fehler waren keine Sackgassen, sondern wurden zu Lernmöglichkeiten. Das System testete nicht nur, sondern entwickelte sich auch mit der Anwendung weiter.

Anwendungsfälle: wo es gut funktioniert hat

Wie leistungsfähig KI-Agenten in Kombination mit MCP-Servern wirklich sind, wird deutlich, wo sie alltägliche Testherausforderungen in Chancen für Beschleunigung und Resilienz beim Test verwandeln. In verschiedenen Phasen des Testlebenszyklus waren die Auswirkungen sowohl praxisnäher (z. B. nutzbar in Workflows) als auch messbar.

Testdesign und -generierung

Traditionell war die Erstellung von Testfällen oder Skripten aus Anforderungen eine langsame und manuelle Tätigkeit. Mit KI-Agenten, die über MCP-Server verbunden sind, wurde es möglich, Testfälle direkt aus User-Storys, Akzeptanzkriterien und API-Dokumentationen zu generieren. Was früher Stunden gedauert hat, ist jetzt in wenigen Minuten erledigt:

  • Benutzeroberflächen-Skripte wurden automatisch aus den entworfenen Testfällen generiert.
  • API-Tests wurden nahtlos aus Verträgen und Dokumentationen erstellt.
  • Das datengesteuerte Testdesign wurde durch die Verwendung realer oder synthetischer Datensätze vereinfacht.

Das Ergebnis: Das Testdesign entwickelte sich von einem Engpass zu einem Beschleuniger und sorgte von Anfang an für eine breitere Abdeckung.

Ausführung und Wartung

Die Fragilität von Skripten zählt zu den größten Schwachstellen der Testautomatisierung. Eine kleine Änderung an der Benutzeroberfläche führt oft dazu, dass Dutzende von Skripten nicht mehr funktionieren, was lange Debugging-Sitzungen zur Folge hat. Mit KI-Agenten, die die Playwright-MCP-Integration nutzen, konnten sich Skripte automatisch an kleinere Änderungen an der Benutzeroberfläche oder am Workflow anpassen. Fehler wurden nicht nur gemeldet, sondern auch analysiert, behoben und mit minimalem menschlichem Eingriff validiert:

  • Skripte reparierten sich automatisch, wenn sich Selektoren oder Abläufe änderten.
  • Legacy-Skripte wurden ohne Neuanfang über Frameworks hinweg konvertiert.
  • Die Fehleranalyse ergab, ob die Probleme auf den Code, die Umgebung oder veraltete Tests zurückzuführen waren.

Dadurch wurden Regressionszyklen schneller, stabiler und weitaus weniger abhängig von manueller Pflege.

Qualitätserkenntnisse und Berichterstellung

Die Ausführung ist nur die halbe Miete. Erst die Auswertung der Ergebnisse bringt den wahren geschäftlichen Nutzen. Durch die Verbindung von Agenten mit Berichtstools über MCP-Server wurden Erkenntnisse proaktiv statt reaktiv.

  • Aus den Ausführungsdaten wurden automatisch Berichte zur Release-Bereitschaft generiert.
  • Fehler wurden nach ihrer Ursache gruppiert, sodass die Teams sofortige Anweisungen erhielten.
  • Schnelle Sanity-Tests fehlgeschlagener Skripte aus früheren Zyklen stellten sicher, dass wiederkehrende Probleme frühzeitig erkannt wurden.

Die Stakeholder bekommen also ein klares, datengestütztes Vertrauen in die Release-Qualität, ohne auf manuelle Berichte warten zu müssen.

Der geschäftliche Nutzen von KI-Agenten beim Testen

KI-Agenten sind keine bloße Weiterentwicklung bestehender Automatisierung, sondern sie markieren einen grundlegenden Wandel im Umgang von Unternehmen mit Qualitätssicherung. Über rein technische Vorteile hinaus liegt ihre wahre Stärke in den Geschäftsergebnissen, die sie ermöglichen:

  • Geringere Testkosten – Selbstheilung reduziert den Wartungsaufwand.
  • Schnellere Markteinführung – adaptive Ausführung verkürzt die Release-Zyklen.
  • Verbesserte Zuverlässigkeit – proaktive Fehlervermeidung reduziert die Fehlerquote.
  • Maximierter ROI bei der Automatisierung – Investitionen in die Automatisierung amortisieren sich schneller.
  • Intelligenteres Risikomanagement – Priorisierung von Szenarien mit hoher Schadenswirkung.
  • Skalierbare Qualität ohne skalierbare Kosten – die Abdeckung wird erweitert, ohne dass das Team vergrößert werden muss.
  • Bessere Kundenerfahrung – robuste Releases führen zu zufriedeneren Anwendern.

Fazit

Die Kombination aus KI-Agenten und MCP-Servern markiert ein neues Testparadigma. Zusammen beseitigen sie Ineffizienzen, passen sich in Echtzeit an und skalieren mühelos. Es geht nicht darum, Tester zu ersetzen, sondern sie zu befähigen, sich auf höherwertige Aufgaben zu konzentrieren, während intelligente Systeme Routinearbeit übernehmen.

Die Zukunft des Testens ist schneller, intelligenter und anpassungsfähiger – und Unternehmen, die jetzt handeln, verschaffen sich entscheidende Wettbewerbsvorteile.

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Deepshikha

Leitung Practise „AI in Testing“
Zu Inhalten

Deepshikha verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung im Softwaretest und leitet derzeit die Practise „AI in Testing“ bei Nagarro. Sie treibt die Einführung KI-gestützter Qualitätsstrategien voran, die Prozesse optimieren, Aufwand reduzieren und die Markteinführung beschleunigen. Mit ihrem Fokus auf Effizienz und Kundenzentrierung unterstützt sie Teams dabei, hochwertige Lösungen zu liefern, die Nutzererlebnisse verbessern.

E-Mail: deepshikha@nagarro.com


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