Die ersten Kapitel befassen sich mit den verschiedenen Elementen der Java-API. Neben Überlegungen zu erwartbaren Themen wie Collections finden sich auch Ausführungen zu in Java 17 und Java 21 neu eingeführten Funktionen. Der Rezensent fand die Gedanken zu Pattern Matching besonders interessant. Virtuelle Threads kommen ebenfalls zur Sprache. In diesem Bereich arbeitet Vieira vor allem die Unterschiede zwischen nativen und in der JVM lebenden Threads heraus, um dem Entwickler so zu einem umfangreicheren Verständnis der Hintergründe der diversen Technologien zu verhelfen.
Die nächsten Kapitel wenden sich der Interaktion mit Datenbanken unter Verwendung von JDBC und der Realisierung von Unit-Testing-Systemen zu. Im Bereich Unit-Testing finden sich kurze Abschnitte zu JUnit5 und zu Mockito – der Autor geht auch darauf ein, wie man Tests unter Nutzung von Maven oder dem Test-Containersystem zur Ausführung bringt.
Der Autor legt hier einen durchaus codegetriebenen Lehrweg vor. Offensichtlich ist, dass man sich im Hause BPB ausschließlich an Leser wendet, die Java-Code bereits lesen können und vor snippetlastigen Werken keine Angst haben. Der neuen Generation der TL;DR (too long; didn't read) mag dies nicht unbedingt zusagen; der schon etwas ältere Rezensent fühlt sich allerdings an Klassiker zurückerinnert.
Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Kapitel zu der Datenbank-Konnektivität auf die verschiedenen Spielarten der Entwicklung von Datenbank-Applikationen eingeht – der Fokus liegt dabei darauf, wie man während der Arbeit mit IDE und Co. komfortabel eine Datenbank-Instanz betreiben und benutzen kann.
Im Strom der Frameworks
Spätestens am Beginn der Auseinandersetzungen mit Unit-Testing stellt der geneigte Leser fest, dass in der Welt des modernen Java viel auf Ebene der Frameworks erfolgt. Der nächste Teil geht daher sowohl auf Spring Boot als auch auf Quarkus ein. Die Vermittlung der Lehrinhalte erfolgt dabei vor allem anhand von datenbankgetriebenen Applikationen, die der Autor mit dem Leser „Tour a Tour“ durchdenkt. Um beim Leser Verständnis dafür zu schaffen, was die jeweilige Technologie einzigartig macht, konzentriert sich das Buch hier auf idiomatische beziehungsweise charakteristische Aspekte der jeweiligen Frameworks.
In einem solchen Lehrbuch dürfen Überlegungen zu Jakarta EE nicht fehlen. Zunächst liegt der Fokus dabei klar auf der Architektur und den verfügbaren Profilen, um danach – eher kurz – mit einigen Profilen praktische Experimente durchzuführen. Wegen des immensen Umfangs von Jakarta EE wäre dies allerdings auch nicht anders abbildbar, handelt es sich ja explizit nicht um ein reines Jakarta EE-Lehrbuch.
Container und deren Administration
Moderne Enterprise-Entwicklung – dies dürfte Tummelplatz der meisten Java-Entwickler sein – ist ohne auf Microservices basierende Systeme nicht vorstellbar. Daher verbergen sich im Lehrbuch durchaus umfangreiche Überlegungen zu dieser Thematik. Nach einer – sehr kompakt gehaltenen – Einführung in Docker und Kubernetes wendet sich das Buch verschiedenen Methoden zu, um eine verteilte Applikation zu überwachen.
Ein weiteres im Bereich der Metriksammlung populäres Produkt ist die Micrometer-Bibliothek, die in einem darauf folgenden Kapitel durchaus gelungen vorgestellt wird.
Zum Abernten der generierten Informationen steht mit der Kombination aus Prometheus und Grafana ein weiteres „Standardwerkzeug“ zur Verfügung, dem im Lehrbuch ebenfalls ausreichend Raum zugewiesen wird.
Fortgeschrittene Softwarearchitektur führt zum Ziel.
Die letzten Jahre waren im Bereich der Architektur von einer „Steigerung der Komplexität“ geprägt. Simple Entwurfsmuster reichen zur Befriedigung der immer höher werdenden Ansprüche moderner Applikationen nun einmal nicht mehr aus. Der Autor begegnet diesem Thema unter anderem mit einem Kapitel, das auf Domain-Driven Design eingeht. Außerdem wird auch die Schichtenarchitektur anhand eines praktischen Beispiels vorgestellt; ähnliches gilt für die Hexagonal Architecture, die sich im Laufe der letzten Jahre sowohl als Buzzword als auch als durchaus weit verbreitete Technologie etablieren konnte.
Ein Lehrbuch im alten Stil
Die Generation TL;DR ist mittlerweile auch im Lehrbuchmarkt angekommen. Mit BPB geht ein neuer Verlag an den Start, der gegen den Zeitgeist, der in diesem Fall ein Ungeist ist, anzukämpfen sucht. Schon aus diesem Grund sollte man dem Buch zumindest eine Chance geben.

Titel: Java Real World Projects: A pragmatic guide for building modern Java applications
Autor: Davi Vieira
Seiten: 378
Verlag: BPB Publications
Jahr: 2024
ISBN: 978-9365898972