Vom didaktischen Aufbau her richtet sich das Werk sowohl an professionelle als auch an einsteigende Entwickler: Im Index sind manche Kapitelüberschriften mit einem Sternchen versehen, was sie als für "Einsteiger irrelevant und überspringbar" markiert. Ullenboom beginnt mit einer fast 100 Seiten umfassenden Analyse der Sprache Java, die allerdings auch ein erstes Beispielprogramm zur Ausführung bringt. Schon früh wird neben der Arbeit mit der Kommandozeilenumgebung kurz auf verschiedene IDEs eingegangen.
Am Weg in die Syntax von Java
Der Autor richtet sich an Leser mit Programmiererfahrung. Daraus folgt eine umgekehrte Vorgehensweise. Nach einer grundlegenden Besprechung der Syntax kommt zuerst eine Vorstellung der Objektorientierung, die Verarbeitung von Arrays und Strings ist danach platziert.
Schon in grundlegenden Themen fällt der hohe Grad der Detailverliebtheit des Autors auf: Insbesondere wer sich Java (beispielsweise im Rahmen der Android-Programmierung) autodidaktisch angeeignet hat, kann beim Durchlesen des Buchs viele nützliche Elemente finden.
Die Grundlagen nutzt der Autor dann, um den Experimenten weiteren Tiefgang zu geben. Folgekapitel stellen OOP detailliert vor, gehen aber auch auf fortgeschrittene Typen und die in der Java-Welt immer wichtige Handhabung von Exceptions ein.
Am Weg zur funktionalen und generischen Programmierung
Systeme wie LINQ waren in der Anfangszeit von Java – übrigens analog zum .net-Framework – nicht wirklich mit Breitenwirkung ausgestattet. Ullenboom spendiert detaillierte Besprechungen und geht auch auf den Classloader ein – interessant nicht nur für Entwickler auf Fehlersuche in komplizierten Projekten. Quasi nebenbei finden sich Kapitel, die verschiedene Aspekte der Java-Standardbibliothek beleuchten: Weiß ein Entwickler nicht, was der Java-Sprachstandard zur Verfügung stellt, so verschwendet er mitunter viele Arbeitsstunden beim Re-Implementieren einer in der JVM bereits implementierten Funktionalität.
Das Kapitel zur Nebenläufigkeit ist mit gut 50 Seiten ausreichend lang, kann eine "vollständige" Einführung in die technische Informatik der nebenläufigen Programmierung aber naturgemäß nicht ersetzen. Das Kapitel zu Datenstrukturen ist ebenfalls eher kompakt, präsentiert aber im Allgemeinen alles, was "wichtig" ist.
Titel: Java ist auch eine Insel Autor: Christian Ullenboom Seiten: 1223 Verlag: Rheinwerk Computing Jahr: 2023, 17. Aufl. ISBN: 978-3836295444
Java als Applikationsumgebung
Der Ausspruch von Faust des "Da steh' ich nun, ich armer Tor, Und bin so klug als wie zuvor!" gilt in der Welt von Java in besonderer Weise: Wer den Sprachstandard verstanden hat, ist weit davon entfernt, einen "kompletten Überblick" über das Java-Ökosystem zu haben.
Der Autor "widersteht" dem Drang der Ausführungen zur Android-Entwicklung und präsentiert stattdessen Kapitel zur Arbeit mit Dateien und Datenströmen. Lobenswert ist das "liebevolle" Aufdröseln der Unterschiede zwischen den Paketen IO und NIO – ein Thema, mit dem sich insbesondere dienstalte Autodidakten mitunter abmühen. Die GUI-Programmierung wird sowohl in Java FX als auch in Swing kurz vorgestellt, des Weiteren findet sich ein Abschnitt zur Nutzung von JDBC, zur Erledigung "mathematischer" Operationen und zur Qualitätssicherung des resultierenden Codes unter Nutzung des Unittest-Frameworks JUnit. Zu allerletzt folgt noch eine, wenn auch kurze Besprechung von "Value Added Tools" im Bereich des JDK.
Lohnt es sich?
Das Buch "Java ist auch eine Insel" ist ein absoluter Klassiker des deutschen Fachbuchmarkts: Schon aus der langjährigen Immer-wieder-Neuauflage lässt sich ableiten, dass das Buch zumindest irgendeinen praktischen Wert aufzuweisen hat. Es stellt eine komplette Darstellung von "selten gesehenen, aber hilfreichen" Teilen von Java da. Wer etwas Totzeit hat und sich fortbilden möchte, bereut den Kauf nicht. Von C oder Pascal umschulende Entwickler bereuen den Erwerb ebenfalls nicht.