Die erste Frage ist mal, woher denn eigentlich die Herausforderungen kommen? Entstehen sie durch Software? Ist die KI schuld? Oder die Atomreaktoren? Ich würde sagen: Nein, das Problem sind nicht derlei Technologien an sich. Mit Technologie ist es wie mit einem Messer: Es ist an uns, was wir mit dem Werkzeug machen – Leben retten oder versauen.
Das Problem sind wir
Und wir sind ja im Herzen gar nicht so böse, dass wir bewusst Unfug treiben. Vieles bekommen wir auch gut hin. Aber auch wenn jeder Einzelne eine gute Absicht verfolgt, haben wir da in Summe und als System ganz schön viel Unrat auf unserem schönen Raumschiff Erde angesammelt: Klimawandel, gesellschaftliche Gemengelage, hochdynamische Wirtschaft und volatile Märkte. Und in all dem Trubel sitzen wir, verstehen eh nur mehr die Hälfte, die andere überfordert uns, und E-Autos sollen uns jetzt retten? Eben nicht.
Die Lösung sind wir
Technologie allein wirds nicht reißen. Jedes Werkzeug braucht einen Helden, der es zu benutzen weiß. Und das können nur wir sein. Die Arbeit liegt bei uns. Nicht das E-Auto wird uns retten, sondern wie wir künftig Mobilität leben. Nicht die KI, sondern wie wir sie einsetzen, um die Biodiversität zu fördern. Und auch die ausgeklügeltste CI-Pipeline liefert nur Schrott, wenn wir sie nicht in wohlgeformten Arbeitsprozessen nutzen. Damit wir uns darüber überhaupt kreativ Gedanken machen können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. In Überforderung, Stress und Chaos wird jede gute Idee im Keim erstickt. Kontextänderung, Bewegung, Freude und der Austausch mit Gleichgesinnten auf Augenhöhe fördern hingegen Ideen und neue Gedanken. Und nicht zuletzt brauchen wir die Fähigkeit, mit Krisen, Rückschlägen und Unsicherheit umzugehen – eine hohe Resilienz. All das bringen uns nicht die Tools, sondern persönliche Entwicklung.
Ist Agilität Persönlichkeitsentwicklung für Teams?
Die erste Definition zu Persönlichkeitsentwicklung, die Google ausspuckt, ist: „Persönlichkeitsentwicklung ist die Entwicklung der Persönlichkeit”. Aha. Tiefer gebuddelt haben sich historisch ja die Gelehrten schon mit dem Thema auseinandergesetzt. Größen wie Freud, Jung, Adler oder Erikson. Es gibt viele Schulen, die in Ausprägungen und Kombinationen heute den gigantischen Markt der Persönlichkeitsentwicklung beherrschen. Von Business- und Life-Coaching, über Seminare, Aufstellungen, Retreats bis zu Gurus, Energiearbeit oder auch Handauflegen und Engelbürsten … für jeden Geschmack ist etwas dabei. Das Feld ist riesig und unübersichtlich, der Wunsch und Bedarf sehr hoch. Aber was im Kern neben all den Stilblüten in diesem Bereich bleibt, ist ein Dreiklang der persönlichen Entwicklung:
- (Selbst)erkenntnis,
- (Selbst)akzeptanz und
- (Selbst)veränderung.
Oha, sind das nicht auch typische Fragen in der agilen Transformation:
- Was kann ich? Was können wir? Wo sind meine/unsere Stärken? (Erkenntnis)
- Was lief gut? Was lief nicht gut? (Akzeptanz)
- Was will ich/wollen wir jetzt anders machen? (Veränderung)
Auch weiter gedacht glaube ich, all die agilen Tools, Methoden und Formate sind dazu da, uns zu unterstützen. Nämlich genau dabei, unseren eigenen, agilen Weg, unser agiles Mindset – oder wie man es auch gerne nennen mag – zu entwickeln. Und das ist persönliche Entwicklung.
Die Antwort
Ja und ist denn deswegen Agilität die Antwort auf die Zukunft? Ich glaube nicht. Hä? Ja genau. Aus meiner Perspektive ist sie das Vehikel. Ein guter, funktionierender Rahmen, um uns als Einzelne, als Team und Unternehmen weiterzuentwickeln. Diese Weiterentwicklung ist die Antwort. Hinfallen, aufstehen, Krone richten, lernen und weitergehen. Um immer besser mit all den Unwägbarkeiten, Unsicherheiten und Herausforderungen umzugehen. Um unsere Resilienz zu erhöhen und damit gestärkter aus Krisen herauszukommen. Und um dann Freiraum zu haben, unsere Zukunft kreativ zu gestalten.
Was denken Sie dazu? Ich freue mich auf Ihr Feedback: https://seidl.to/osk
Ihr Richard Seidl