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Gähnende Leere? Nicht bei Fachkräften!

Der Begriff des Fachkräftemangels hätte das Potenzial, zum Unwort des Jahres zu werden. Er ist inzwischen so häufig gebraucht, dass man fast meinen könnte, es herrsche gähnende Leere auf dem Arbeitsmarkt. Dem ist nachweislich nicht so. Doch Unternehmen müssen neue Schritte gehen, um Mitarbeiter zu finden. Der Obstkorb? Existiert, lockt aber niemanden mehr hinter dem Ofen hervor.

  • 24.09.2019
  • Lesezeit: 7 Minuten
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Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sind vom Fachkräftemangel betroffen. Bundesweit sind rund eine halbe Million Stellen für MINT-Fachkräfte unbesetzt, allein in Baden-Württemberg waren es laut einer Erhebung im vergangenen Jahr 790.000 freie Stellen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.
Ausgerechnet ein Unternehmen, das die digitale Arbeitswelt und das Arbeiten an jedem Ort der Welt als Kerngeschäft betreibt, sah sich ebenfalls der Herausforderung gegenüber, Fachkräfte für sich zu gewinnen – denn in der Technologieregion Karlsruhe, in der die AppSphere AG ansässig ist, herrscht besonders große Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt.

Panikmache? Fehlanzeige!

Statt in Angst und Sorge zu verfallen, was mangelndes Personal für das eigene Wachstum bedeuten könnte, ging man dieses Problem strukturiert an. Im Lenkungskreis, der aus allen Personen mit Führungsverantwortung bestand, wurde diskutiert, gedacht und es wurden Ideen entwickelt.
Was entstand, waren zunächst die Klassiker. Gratis-Getränke, bezuschusstes Kantinenessen, neueste Technik und ein Weiterbildungsbudget für jeden Mitarbeiter sind nur ein kleiner Teil der sogenannten „Corporate Benefits“, in deren Genuss die Mitarbeiter kommen.
Regelmäßig fördert die Mitarbeiterbefragung zudem neue, oftmals überraschende Anregungen zutage: Nicht jeder Benefit, der „ganz oben“ als besonders gut empfunden wird, kommt so auch bei den Mitarbeitern an. Im Gegenteil sind es oftmals die kleinen Dinge, die wirklich geschätzt werden. Dazu zählen die Auszeit am Standort-eigenen Teich, drei jährliche Events für alle bundesweit verteilten Mitarbeiter, zusätzliche Team-Events der Bereiche, gesundheitsfördernde Maßnahmen wie höhenverstellbare Tische oder die Bezuschussung von Sport- und Fitnessangeboten.

Ein moderner IT-Dienstleister sollte auch selbst zur Transformation bereit sein – vor allem im Umgang mit dem Personal

Appell an die Nachhaltigkeit

Insbesondere viele junge Kolleginnen und Kollegen reisen zumindest innerstädtisch möglichst klimafreundlich. Folgerichtig spielt auch bei AppSphere die Nachhaltigkeit eine wesentliche Rolle. Das Unternehmen hat daher vor kurzem seine Benefits erweitert: Wer ein neues Fahrrad benötigt, kann sich bis zu drei Räder über den Arbeitgeber leasen. So leisten beide Parteien einen Beitrag zum Umweltschutz. Der Mitarbeiter tut zudem etwas für die Fitness und das Unternehmen wiederum etwas für die Belegschaft. Eine Alternative zum Firmenwagen? Auf kurzen Strecken ja. Das Vertriebspersonal fährt natürlich weiterhin auf vier Rädern oder per Bahn zur Kundschaft.
Doch all diese Benefits locken noch lange keine Fachkräfte hinter dem Ofen hervor oder sorgen für die nötige Aufmerksamkeit bei potenziell neuen Mitarbeitern. Daher ging die Suche nach dem „Besonderen“ weiter.

Die große Stunde der „Digitalisierungshelden“

Anders aufmerksam machen

Im Lenkungsausschuss war klar: Vieles davon machen auch alle anderen. Wie also sich abheben, um aus der Masse der IT-Unternehmen herauszustechen? Wieder kam man zusammen, dieses Mal jedoch nicht nur im Lenkungskreis. Ein Querschnitt der Belegschaft – konkret alle, die Lust hatten, bei einem „Working Lunch“ mitzuwirken – traf sich zur kreativen Denkrunde.
Dabei feierten die „Digitalisierungshelden“ ihre Premiere, die heute in allen digitalen Kanälen des Unternehmens sichtbar sind. Sie verkörpern genau das, was das Unternehmen sucht: Transformer, „Allzweckwaffen“, Perfektionierer, Executives, Kundenflüsterer, Durchstarter und Sidekicks.
Jeder Heldenfigur kommen bestimmte Fähigkeiten zu, sei es als Consultant, „Solutions Architect“, als „Systems Engineer“ oder als Auszubildende. Im kleinen Kreis ging es nun weiter. Marketing und HR entwickelten die Charaktere, erweckten sie mit einem Illustrator zum Leben und planten eine komplett neue Website speziell zu Recruiting-Zwecken.
Damit die Botschaft auch über das Netz hinaus in die Öffentlichkeit getragen werden konnte, sollte das ganze Team an Bord geholt werden. Dabei zeigte sich: Nicht alle Kolleginnen und Kollegen waren von der neuen Art und Weise der Mitarbeitersuche sowie von den Helden-Charakteren so begeistert wie das Team, das sie entwickelt hatte.
Allerdings wusste man aufgrund der Erfahrung aus vielen Digitalisierungsprojekten genau, was zu tun war. Das „Onboarding“ der Belegschaft gelang dann schließlich über Flyer, Aufkleber und anderes Werbematerial, ebenso wie über einen stetigen Austausch und eine offene Diskussionskultur.

Ab ins Netz

Ins Netz ging die neue Digitalisierungshelden-Website im Januar 2019 und löste direkt die bisherige, sehr klassische Karriere-Website ab. Entsprechend gestaltete Anzeigen in den Social-Media-Kanälen wie Xing und Facebook, Suchmaschinen-Optimierung und vieles mehr lockten seither mehr Bewerberinnen und Bewerber an und vermitteln ihnen vor allem eines: „Du kannst etwas bewirken – und bist mehr als nur die berühmte Nummer im System.“
Seit dem Start der Kampagne hat sich bereits einiges verändert: Im Vergleich zum Vorjahr wurde die Zahl der Neueinstellungen um 100 Prozent gesteigert – und das ohne kostspielige Anzeigenschaltung. Besonders erfreulich: Sehr viele kreative Bewerbungen, in denen das Motto aufgegriffen und fortgeführt wird, sind ebenfalls darunter. Jetzt findet sich also, was sich gesucht hat.

Stieß nicht auf Anhieb auf allgemeine Begeisterung: die Idee vom „Digital Hero“

Wöchentlich mehr bieten

Eine Kampagne wie diese kann man jedoch nicht einfach laufen lassen und abwarten. Wöchentlich trifft sich daher ein Team aus Marketing, Personalwesen und Vorstand, um die Ergebnisse abzugleichen und weitere Ideen zu entwickeln. So entstand zum Beispiel die Idee des Sidekick-Programms.
Dabei werden Nachwuchskräfte mit Universitäts- bzw. Hochschulabschluss oder nach erfolgreich abgeschlossener Fachinformatik-Ausbildung innerhalb eines dreijährigen Programmes zur „Junior-Beraterin“ oder zum „Junior Systems Engineer“ weitergebildet. Das Programm bringt praktische Erfahrung mit gleichzeitiger 1:1-Betreuung durch erfahrene Fachkräfte.
Dies ermöglicht ein effizientes „Training on the Job“, bei dem von Beginn an mit Verantwortung in Kundenprojekten mitgearbeitet werden kann. Sukzessive werden Aufgaben und Verantwortung gesteigert, bis ein Sidekick nach spätestens drei Jahren komplett eigenständig arbeitet.

Das Ziel: Die digitale Transformation in deutschen Unternehmen

Seriös genug

Jugendliche Ansprache auch für Seniors? Ausführliche Debatten und kontroverse Diskussionen fanden im Vorfeld dazu statt. Weil man sich nicht einig war, befragte man die Zielgruppe – nämlich das eigene Beratungs-Team.
Das Ergebnis war überraschend: Die jüngere Riege erwartete bei Vorstellungsgesprächen und Korrespondenz mehrheitlich ein „Sie“, während die Erfahreneren sehr viel unkonventioneller unterwegs waren und sich für das „Du“ aussprachen. Zweifel daran waren nach den ersten Bewerbungseingängen, die nach dem Start der neuen Website nicht lange auf sich warten ließen, schnell weggewischt.

Denken, entwickeln, machen

Trotz der Erfolge verlässt man sich nicht ausschließlich auf die Digitalisierungshelden-Kampagne. Es werden weiterhin auch andere Wege genutzt, um neue Fachkräfte zu gewinnen. So wird zum Beispiel gezielt nach Wechselwilligen Ausschau gehalten, die in ausgesuchten Portalen mit Anzeigen sowie auch direkt angesprochen werden.
Ein weiteres Beispiel ist folgendes: Um dem Fachkräftemangel auch langfristig zu begegnen, hat sich AppSphere Mitte Juli an der aus Hamburg stammenden und in ganz Deutschland aktiven „Hacker School“-Initiative beteiligt. Hier probierten mehrere hundert 11- bis 18-Jährige ihre ersten Schritte in Sachen Programmierung.
AppSphere hatte insgesamt vier Betreuer ins Rennen geschickt, die mit acht Kids in die Welt des Codes einstiegen. Dafür wurde das sogenannte „Calliope mini“ genutzt: Mit einem speziellen Entwickler-Interface werden erste eigene Programme erstellt, die dann auf den Mini-Computer übertragen und genutzt werden können.

Ausflug in die Programmierer-Welt

In diesem Falle bedeutete das konkret: Samstag und Sonntag, jeweils von 13 bis 18 Uhr, wurden Spiele wie „Blinde Kuh“ oder „Eierlauf“ zuerst programmiert und letztlich natürlich auch gespielt. Am Sonntagabend beendeten die Schüler den Ausflug in die Programmierer-Welt mit einer Live-Vorführung für ihre Eltern und bekamen zum Abschluss eine Urkunde zu ihrer erfolgreichen Teilnahme. Und: Sie durften ihren „Calliope mini“ mit nach Hause nehmen, denn schließlich soll das neu entfachte Interesse auch zu Hause weiterverfolgt werden können.
Zusätzlich genutzt werden auch die bekannten Networking-Portale, das persönliche Netzwerken und auch Headhunting – obwohl sogar die Personalberatungen inzwischen in Bedrängnis kommen. Doch das muss kein Grund zur Panik sein – wer denkt, entwickelt und einfach tut, wird Wege finden, um „Fachkräftemangel“ endlich aus seinem Vokabular streichen zu können.

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Konstanze Kulus Geschäftsführende Gesellschafterin der Karlsruher saalto Agentur und Redaktion GmbH.

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