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Fragen zur Cloud-Strategie

Auch wenn man aus Management-Sicht „über den Wolken“ (in der Cloud) schwebt, weil ja alles so einfach werden wird, so stellen sich doch ein paar Fragen, um die man sich vorher kümmern sollte. Ein paar davon habe ich in diesem Artikel einmal zusammengetragen.
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Thomas Ronzon

Projektleiter und Senior Softwareentwickler


  • 28.01.2022
  • Lesezeit: 10 Minuten
  • 84 Views

Internetanbindung

Ohne Internetanbindung kann natürlich auch nicht auf die Cloud zugegriffen werden. Was passiert aber, wenn die Internetanbindung gestört ist? Dann kann kein User arbeiten! Ist deshalb eine redundante Anbindung bei einem anderen Provider, am besten noch über einen anderen Weg, zum Beispiel einmal DSL über Kabel und einmal über Mobilfunk, eingerichtet? Wie reibungslos geschieht die Umschaltung? Gibt es hier Einschränkungen, zum Beispiel dass die eine Leitung langsamer als die andere ist? Muss also der Netzverkehr priorisiert werden?

Cloud-Provider

Bei welchem Provider habe ich meine Cloud gemietet?
Habe ich alle Anwendungen bei einem Anbieter? Was passiert, wenn dieser Anbieter ausfällt? Was passiert, wenn dieser Anbieter die Preise extrem erhöht? Was passiert, wenn der Anbieter den Dienst einstellt?

Spezielle Funktionen einzelner Provider

Abb. 1: Ist die Cloud wirklich billiger?

Nutze ich spezielle Funktionalitäten, die nur dieser Cloud-Provider bietet? Was passiert, wenn der Provider diese nicht mehr zur Verfügung stellt. Immer wieder kommt es vor, dass gerade große Provider bestimmte Funktionalitäten nicht mehr bereitstellen.
Und dann? Ein paar Beispiele finden sich zum Beispiel hier [GWB].

Datenschutz

Entspricht die angemietete Cloud der DSGVO? Was passiert, wenn es hier Probleme gibt? Wie bekomme ich Probleme dieser Art überhaupt mit? Wer haftet dann?

Software in der Cloud

Was ist, wenn meine Software zum Beispiel ein altes JDK benötigt? Wie lange unterstützt der Anbieter so etwas? Muss ich also immer auf die neusten Versionen wechseln, oder wie lange bleibt mir Zeit? Kann ich überhaupt alte Versionen aus Sicherheitsgründen in der Cloud betreiben? Ist die Software, die ich nutze, überhaupt so unter Sicherheitsgesichtspunkten entwickelt, dass ich diese ohne Probleme in der Cloud betreiben kann?

Latenzen

Welche Latenzen kann ich tolerieren? Muss ich bestimmte Antwortzeiten garantieren? Was passiert, wenn ich diese nicht einhalten kann?

Kosten

Ist die Cloud wirklich billiger, als eine Infrastruktur selbst vorzuhalten? Habe ich zum Beispiel eine kleine Anwendung, so kann diese vielleicht auf einem anderen Server „mitlaufen“ und spart damit Kosten für das Betriebssystem und die Hardware.

Switch zu einem anderen Rechner innerhalb der Cloud

Abb. 2: Automatische Fördertechnik kennt kein „Rollback“

Wechselt der Rechner innerhalb der Cloud, macht die Anwendung (wie bei einem Cluster auch) in der Regel ein Rollback der letzten Transaktion und führt diese dann erneut auf dem neuen Knoten aus. Was passiert aber, wenn der ganze Use-Case aus mehreren Systemen besteht, die nicht alle in einer Transaktion gehandelt werden können?

Beispiel: In einem automatischen Palettenlager übergibt die Materialflusssteuerung einer Palette den Fahrauftrag, zum nächsten Platz zu fahren. Während die Fördertechnik diese transportiert, rollt das Materialflusssystem zurück. Die Palette fährt aber brav zum nächsten Platz. Schon hat das System einen Versatz von 1! Gibt es Funktionalitäten, derartige Situationen zu erkennen beziehungsweise wieder gerade zu ziehen?

Backup/Recovery

Werden wirklich alle Daten der Anwendung in der Cloud gespeichert? Wie ist es, wenn die Daten auf mehreren Instanzen verteilt sind? Beispielsweise kommt es oft vor, dass die Daten an einem anderen Ort gespeichert werden als die Metadaten (wie z. B. der Suchindex über diese Daten). Gibt es hier Strategien, wie diese nicht nur sinnvoll gesichert (Backup), sondern auch wieder hergestellt (Recovery) werden können? Sicherlich machen die Cloud-Anbieter große Versprechungen, wie sicher ihre Daten sind. Das stimmt sicherlich auch für jedes einzelne Puzzlestück. Diese Stücke nach einem Ausfall wieder zusammenzutragen, ist aber Ihre Aufgabe, da der Anbieter Ihre Anwendung ja gar nicht kennt.

Schulung der Mitarbeiter

Eine Cloud verlangt durchaus anderes Wissen, als wenn man die Systeme selbst hostet. Dabei reicht es nicht, dass sich „Irgendjemand“ „irgendwie“ auskennt – bei einem Ausfall hat sonst „Irgendjemand“ Urlaub oder ist krank – und dann? Besser ist es, wenn sich mehrere Leute damit auskennen, die sich gegenseitig unterstützen und vertreten können.

Wenn doch was passiert – Ausfall der Cloud-Dienste

Abb. 3: Wie „regelmäßig“ dieses Backup durchgeführt wurde, sieht man schon an den Fingerabdrücken im Staub auf dem Bandstreamer, als versucht wurde, diesen für das Bild ins „rechte Licht“ zu rücken

Haben Sie sich mal Gedanken gemacht, was passiert, wenn die Cloud-Dienste ausfallen. Auch das hat es schon gegeben, wie unlängst, als Facebook und WhatsApp mehrere Stunden nicht erreichbar waren. Was heißt dies für das Geschäft? Wie kann das Geschäft (mit vielleicht weniger Performanz) weiterlaufen? Läuft es, nachdem das System wieder verfügbar ist, wieder alleine an, oder muss ich eingreifen? Gibt es eine Notfallstrategie?

Fazit

Die Möglichkeiten der Cloud sind riesig – sie eröffnen uns Möglichkeiten, die vor ein paar Jahren noch undenkbar waren. Die vielen Werbeversprechen sollten aber keinen Architekten daran hindern, sein über Jahre aufgebautes Wissen über Bord zu werfen und sich bedingungslos zu ergeben, denn auch hier gilt: Cloud? Ja, kann man nutzen – muss man aber nicht (immer)!

Und denken Sie dran: Uptime matters! – Das Geschäft muss laufen! Dabei wäre es doch schade, wenn es durch schlecht durchdachte Innovationen schlechter läuft als vorher! :-)

Danke wieder einmal an Norbert Ronzon für die Bereitstellung des Kommandowagens (erkennbar an der 10 im Funkrufnamen) der Dortmunder Malteser auf Basis eines VW T2.

Abb. 4: Wenn die Cloud ausfällt, ist schnelle Hilfe gefordert


Der Cloudcheck

Internetanbindung

Haben Sie eine redundante Internetanbindung mit 2 verschiedenen Techniken bei 2 verschiedenen Anbietern? (2 Punkte)
Haben Sie eine redundante Internetanbindung bei 2 verschiedenen Anbietern? (1 Punkt)
Ich habe keine redundante Internetanbindung. (0 Punkte)

Cloud-Provider

Meine Anwendungen sind bei mehreren Providern gehostet. (2 Punkte)
Alle Anwendungen von mir werden bei einem Provider gehostet. (1 Punkt)
Ich weiß gar nicht genau, welcher Provider hinter meiner Anwendung steckt. (0 Punkte)

Spezielle Funktionen einzelner Provider

Ich nutze keine Funktionalitäten, die nur ein Provider unterstützt. (2 Punkte)
Ich nutze Funktionalitäten, die nur ein Provider unterstützt, habe aber einen Plan, wie ich bei einer Einstellung der Dienste die Anwendung weiter betreiben kann. (1 Punkt)
Ich habe keine Ahnung, was ich machen soll, wenn der einzige Provider, der diesen Dienst bereitstellt, dies unterlässt. (0 Punkte)

Datenschutz

Ich habe keine DSGVO-konformen Daten in der Cloud. (2 Punkte)
Alle Dienste laufen DSGVO-konformen auf Servern. (1 Punkt)
Ich weiß gar nicht, wo meine Daten liegen – deshalb nutzte ich ja die Cloud. (0 Punkte)

Software in der Cloud

Meine Software ist unter Sicherheitsaspekten entwickelt worden. Dabei sind alle Teile immer aktuell, und sollte der Anbieter die Basisfunktionalitäten wechseln, so werde ich sie mit portieren, um auf einem aktuellen Stand zu sein. (2 Punkte)
Alle Teile der Software sind immer aktuell, und sollte der Anbieter die Basisfunktionalitäten wechseln, so werde ich sie mit portieren, um auf einem aktuellen Stand zu sein. (1 Punkt)
Ich weiß nicht, wie die eigene Software mit der Cloud-Infrastruktur verwoben ist. (0 Punkte)


Latenzen

Ich muss keine bestimmten Antwortzeiten garantieren. (2 Punkte)
Ich muss bestimmte Antwortzeiten garantieren, Messungen haben aber gezeigt, dass diese in der Regel eingehalten werden. Für den Fall, dass diese nicht eingehalten werden können, habe ich die Möglichkeit, dies zu erkennen und händisch einzugreifen. (1 Punkt) Ich weiß nicht, was passiert, wenn die Latenzen steigen. (0 Punkte)

Kosten

Ich habe mir alles gut durchgerechnet und überprüfe diese Rechnung regelmäßig. (2 Punkte)
Ich habe mir alles gut durchgerechnet. (1 Punkt)
Ich denke, die Cloud ist immer preiswerter. (0 Punkte)

Switch innerhalb der Cloud

Meine Anwendung ist robust genug, diesen zu überstehen. (2 Punkte)
Es gibt zwar Probleme, allerdings können diese leicht gelöst werden bzw. führen nicht zu ernsthaften Problemen bei den Usern. (1 Punkt)
Es wird sich zeigen, ob es Probleme gibt und wo diese liegen. (0 Punkte)

Backup- und Recovery-Strategie

Ich habe eine Backup-Strategie aufgestellt und umgesetzt. Zusätzlich gibt es regelmäßige Recovery-Tests. (2 Punkte)
Ich habe eine Backup-Strategie aufgestellt und umgesetzt. (1 Punkt)
Der Cloud-Provider kümmert sich schon um das Backup. (0 Punkte)

Schulung der Mitarbeiter

Ich habe ein Team, das sich mit dem Thema „Cloud-Computing“ auskennt und das sich gegenseitig unterstützen und ersetzen kann. (2 Punkte)
Ich habe einen Mitarbeiter, der sich in das Thema eingearbeitet hat. (1 Punkt)
Ich verlasse mich darauf, dass meine Mitarbeiter sich selbstständig weiterbilden und die Herausforderungen der Cloud meistern können. (0 Punkte)

Ausfall der Cloud-Dienste

Die Anwendungen dort sind nicht geschäftskritisch. (2 Punkte)
Die Anwendungen dort sind geschäftskritisch, aber es gibt einen Plan, wie bei einem Ausfall zu verfahren ist. (1 Punkt)
Ich gehe davon aus, dass die Cloud immer verfügbar ist. (0 Punkte)

Auswertung

  • 22 Punkte: Hut ab – da hat aber jemand seine Hausaufgaben gemacht.
  • 21-11 Punkte: Sie haben sich mit dem Thema beschäftigt, aber schauen Sie sich die Punkte, bei denen Sie nicht die volle Punktzahl bekommen haben, noch einmal an – vielleicht können Sie hier noch nachbessern.
  • <11 Punkte: Sind Sie sich wirklich sicher, dass Sie in die Cloud möchten? Viel Glück für Ihr Business!


Weitere Informationen

[GWB] https://www.googlewatchblog.de/2019/12/zuwachs-google-friedhof-eingestellt-2019/

[RM] Reinhard Mey: Über den Wolken, https://www.youtube.com/watch?v=lK76cnUcj8U

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Thomas Ronzon

Projektleiter und Senior Softwareentwickler
Zu Inhalten

Thomas Ronzon arbeitet als Projektleiter und Senior Softwareentwickler bei der w3logistics AG in Dortmund. Dabei beschäftigt er sich vor allem mit der Modernisierung von unternehmenskritischen Logistikanwendungen. Darüber hinaus veröffentlicht Thomas Ronzon regelmäßig Fachartikel.


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