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Editorial IT-Spektrum 5/2024: Nachhaltigkeit und Green IT: Keinen interessiert's

Nachhaltigkeit und Green IT sind ja grundsätzlich wichtige Themen. So hatte die IT bereits 2022 einen mit dem globalen Flugverkehr vergleichbaren CO2-Fußabdruck. Die Projektionen deuteten auf eine Verdopplung binnen drei Jahren hin, also bis nächstes Jahr. Damit nähert man sich dann dem CO2-Abdruck des gesamten Autoverkehrs an. Das schreit nach Handlungsbedarf.

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Uwe Friedrichsen

CTO, Softwerker & Herausgeber IT-Spektrum


  • 23.08.2024
  • Lesezeit: 3 Minuten
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Das Problem kann man nicht bequem auf die Hardware-Hersteller abschieben, wie es manche versuchen. Die haben ihre Hausaufgaben nämlich richtig gut gemacht: Wie Herr Koomey untersucht hat, haben diese über Jahrzehnte die Leistungsfähigkeit der Hardware pro verbrauchtem Watt massiv gesteigert und tun es weiterhin (siehe Koomey's Law). Nur hat die darauf laufende Software all diese Leistungssteigerung mehr als überkompensiert, und es wurde immer mehr Hardware für den gleichen durch Software erzeugten Geschäftswert benötigt (siehe Wirth's Law und May's Law). Da ist also ganz viel Luft nach unten.

Dazu kommen gesetzliche Auflagen wie die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive), die bei fast allen Unternehmen mehr Transparenz bezüglich der Nachhaltigkeit einfordert. Und eigentlich will doch kein Unternehmen öffentlich nachlesbar berichten, dass es eine Klimasau sei und sich einen Dreck um Menschen und Umwelt schere. Noch mehr Handlungsbedarf – auch in der IT.

Da denkt man sich: Es müsste doch ganz viel passieren. Das Thema müsste brummen. Tut es aber nicht.

Schaut man mal auf die Taten hinter den schönen Absichtserklärungen, man wolle bis Jahr 20xx auch in der IT klimaneutral sein, dann tritt ganz schnell Ernüchterung ein: Zeit oder Budget, Luft aus der aufgeblasenen Software-Landschaft zu lassen und so den CO2-Abdruck zu reduzieren, gibt es nicht. Das wird alles benötigt, um mehr und mehr Features mit fragwürdigem Geschäftswert in Rekordgeschwindigkeit in die Anwendungen zu blasen. Die Infrastrukturen werden immer fetter. Verfügbarkeit und Skalierbarkeit werden ausschließlich in Form mehrfach replizierter Deployments gedacht. Wie viel Rechenleistung das kostet, interessiert niemanden, weil Rechenleistung im Verhältnis zu Personalkosten so extrem günstig ist. In der Praxis regiert also das Gegenteil von Nachhaltigkeit.

Dazu kommt noch der GenAI-Hype, der den ökologischen Fußabdruck der IT sprunghaft über alle bisherigen Projektionen hinaus ansteigen lässt. Das führt zum Beispiel dazu, dass Unternehmen wie Microsoft oder Google, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, bis 2030 klimaneutral zu sein, einen massiv gestiegenen CO2-Fußabdruck haben (den sie teilweise mit fragwürdigen Kompensationsdeals auf dem Papier schönzurechnen versuchen). Und schaut man in die Entwicklungsabteilungen dieser Welt, so sieht man dort die Leute allerorten begeistert auf den GenAI-Zug aufspringen – weil "produktiver", noch mehr Features in noch kürzerer Zeit. Also das exakte Gegenteil von Nachhaltigkeit.

Unter dem Strich bleibt: Nachhaltigkeit ist auch in der IT ein wichtiges Thema, aber so recht zu interessieren scheint es niemanden. Seltsam. Oder?

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Uwe Friedrichsen

CTO, Softwerker & Herausgeber IT-Spektrum
Zu Inhalten

Uwe Friedrichsen ist CTO und Softwerker der codecentric AG. Seit der Ausgabe 5/2018 ist er Herausgeber der IT-Fachzeitschrift IT Spektrum, ehemals OBJEKTspektrum.


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