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Editorial IT-Spektrum 3/2025: „Von Organisationen und Menschen“

„Sozio-technisch“ ist derzeit ein Modewort. Letztlich rückt es aber ein Thema wieder in den Fokus, das uns in der IT schon seit vielen Jahren begleitet, das aber viel zu häufig übersehen wird: Die Untrennbarkeit von Menschen, Organisationen, Prozessen und Technologien. Alter Wein in neuen Schläuchen?

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Uwe Friedrichsen

CTO, Softwerker & Herausgeber IT-Spektrum


  • 16.04.2025
  • Lesezeit: 4 Minuten
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Jetzt haben wir es auch gemacht! Wir haben das Wort „sozio-technisch“ in der Beschreibung unseres Schwerpunkts verwendet. Es ist noch gar nicht lange her, da hat man in bestimmten Communities und zugehörigen Konferenzen den Faktor Mensch in der Softwareentwicklung entdeckt. Und dass Organisationen und Softwareentwicklung und -betrieb gar nicht so recht trennbar sind. Das hat man dann zelebriert, als hätte man eine bahnbrechend neue Entdeckung gemacht. Kein Vortrag oder Artikel, der nicht das seitdem so hippe Wort „sozio-technisch“ enthalten hätte. Denn sonst hätte man sich ja als nicht zur In-Group gehörend gebrandmarkt.

Nun werden viele von Ihnen, die schon etwas länger in der IT tätig sind, leicht verwundert den Kopf schütteln. Wieso neue Entdeckung? Dass es in der IT sehr menschelt, wissen wir doch schon seit langen Jahren. Dass die zugehörigen Organisationen Fluch und Segen sein können, wissen wir ebenso lange – und dass sich Menschen, Organisationen, Prozesse und Technologien gegenseitig beeinflussen ebenfalls. Von daher alles wie gehabt. Nichts Neues in IT-Land.

IT-Modewellen und Vergesslichkeit

Aber seien wir nicht unfair. Durch das massive Betonen der „sozio-technischen Systeme“ in besagten Communities wurde das Thema wieder stärker ins kollektive Bewusstsein gerückt. In der IT sind wir ja sehr modegetrieben. Was gerade „in“ ist, bestimmt den Diskurs. Und alles andere, was dadurch eigentlich nicht weniger wichtig geworden ist, gerät aufgrund der gerade dominierenden Mode ein wenig in Vergessenheit. In der IT sind wir Weltmeister darin, wertvolles und mühsam erarbeitetes Wissen regelmäßig über die nächste Modewelle wieder zu vergessen – um dann diverse Jahre später gefühlt wieder von vorne anzufangen.

Unter dem Gesichtspunkt kann man den Communities gar keinen Vorwurf machen, wenn sie das Gefühl hatten, das Thema „entdeckt“ zu haben. Es ist über verschiedene Modewellen hinweg ein Stück weit in Vergessenheit geraten und sie haben es letztlich wiederentdeckt. So betrachtet sollte man ihnen vielleicht sogar dankbar dafür sein, denn das Wechselspiel zwischen Menschen, Organisationen, Prozessen und Technologie wird auch heute noch häufig massiv unterschätzt.

Die Folgen der Vergesslichkeit

Wir haben es in den letzten 10 Jahren hautnah erleben dürfen, als die Entwicklungsabteilungen von Unternehmen auf Teufel komm raus Microservices eingeführt haben, ohne irgendetwas anderes aus dem genannten Kleeblatt anzupassen. Heute herrscht dann in den gleichen Unternehmen Ernüchterung hinsichtlich Microservices vor – bis dahin, dass sie komplett „verbrannt“ sind. Dabei sind die armen Microservices doch gar nicht schuld. Das Problem war, dass Organisation, Prozesse und Technologie nicht aufeinander abgestimmt waren, ganz zu schweigen davon, dass die betroffenen Menschen, etwa im Betrieb, nicht mitgenommen worden sind.

Das Problem ist aber keinesfalls auf Microservices beschränkt. Es tritt überall dort zutage, wo man die Wechselwirkungen von Menschen, Organisationen, Prozessen und Technologien nicht hinreichend berücksichtigt. Dort helfen dann auch die tollsten Organisations- und Prozessmodelle, Governance- und Compliance-Standards, Architektur-Paradigmen und „Soft Skill“-Trainings nichts. Da wird es kräftig knirschen. Da bleibt man deutlich hinter den meist hochgesteckten Erwartungen zurück. Garantiert. Und dann wird die zuletzt eingeführte Veränderung als „schuldig“ gebrandmarkt und das Spiel beginnt von Neuem.

Damit Ihnen das (hoffentlich) nicht so geht, haben wir in diesem Schwerpunkt einige Beiträge versammelt, die verschiedene Aspekte dieser sozio-technischen Systeme beleuchten und auch darauf schauen, was zusammen funktioniert und was nicht. Daneben finden Sie natürlich wie immer eine Reihe weiterer spannender Fachartikel zu unterschiedlichen Themen – auch ohne das Wort „sozio-technisch“.

Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall eine spannende Lektüre!

-> zur IT Spektrum 3/2025

Uwe Friedrichsen
Herausgeber

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Uwe Friedrichsen

CTO, Softwerker & Herausgeber IT-Spektrum
Zu Inhalten

Uwe Friedrichsen ist CTO und Softwerker der codecentric AG. Seit der Ausgabe 5/2018 ist er Herausgeber der IT-Fachzeitschrift IT Spektrum, ehemals OBJEKTspektrum.


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