Eine Branche, die im berühmten „War for Talents“ häufig unterschätzt wird, ist die Wissenschaft. Warum auch in die Forschung gehen, wenn IT-Firmen vielerorts doch mit horrenden Gehältern winken – mögen sich viele Bewerber fragen. Weil eine IT-Karriere in der Forschung der in der „klassischen“ Wirtschaft in nichts nachsteht – im Gegenteil!
Natürlich ist der Begriff „IT-Karriere“ sehr weit gefasst und die Tätigkeit eines Informatikers unterscheidet sich teilweise sehr stark von der eines Softwareentwicklers. Genauso wie sich jedoch der Markt für digitale Produkte in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt hat, hat sich beispielsweise auch das Software Engineering verändert – und damit die hier angesiedelten Karrieremöglichkeiten in der wissenschaftlichen Forschung.
Interdisziplinäre Teams
Allein der Blick auf die Zusammensetzung der Forschungsteams bei uns am Fraunhofer IESE zeigt etwa deutlich: Während hier vor rund 15 Jahren noch größtenteils Informatikerinnen und Informatiker tätig waren, ist ihr Anteil im Vergleich zu den Nicht-Informatikern inzwischen gleich groß. Heute arbeiten viele Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen bei uns zusammen: von Geologinnen über Wirtschaftsingenieure bis hin zu Psychologinnen. Software Engineering wurde gerade in der Wissenschaft zu einem interdisziplinären Unterfangen, das motivierten Fachkräften nun die Chance zum Quereinstieg ermöglicht.
Interdisziplinarität ist dabei natürlich kein Selbstzweck. Ein heterogenes Team fördert vielmehr die Entwicklung qualitativ hochwertiger Software mit einem starken Bezug zur User Experience und ermöglicht es, in diesem Bereich führende Forschungsergebnisse zu erzielen. Oder anders ausgedrückt: Ist ein Entwicklungsteam zu wenig vielfältig, besteht die Gefahr, dass das entwickelte Produkt nicht zur oft komplexen fachlichen Realität passt. Für das Arbeiten in der IT-Forschung bedeutet dies: Teamwork ist der absolute State of the Art und ein kontinuierlicher Austausch und spannende Diskussionen stehen regelmäßig auf der Tagesordnung.
Eine Win-win-win-Situation
Parallel dazu sind alle Teammitglieder aber auch zum eigenverantwortlichen Arbeiten angehalten. Dabei gilt das Credo: Ausprobieren ist explizit erwünscht. Denn nur, wer es auch wagen kann, unter Umständen zu scheitern, kann seiner Kreativität wirklich freien Lauf lassen – und damit entweder selbst eine Software entwickeln, die tatsächlich etwas zum Besseren verändert, oder unsere Forschungspartner auf dem Weg dahin unterstützen.
Auch wir stellen immer mehr fest, wie wichtig Bewerberinnen und Bewerbern das Arbeiten „mit Purpose“ ist. Sie wollen etwas vorantreiben, eine gute Software von und für den Menschen entwickeln. Die Wissenschaft bietet ihnen genau dazu die Möglichkeit und stellt das anwendungsbezogene Arbeiten mit unterschiedlichsten Kunden in den Mittelpunkt. Alle haben so die Chance, ihre eigene Karriere auf verschiedensten Pfaden voranzutreiben. Ob auf dem Weg zur Projektleitung oder gar zur Führung eines ganzen Teams: Die individuelle Fortentwicklung genießt in der Wissenschaft einen hohen Stellenwert, was sich in vielfältigen Weiterbildungsmöglichkeiten widerspiegelt. Parallel dazu können sich Mitarbeitende selbst nach außen hin als Fachexperten präsentieren – beispielsweise bei Messe- und Konferenzbesuchen, als Sprecher oder als Autorinnen von wissenschaftlichen Papern.
Im Gegensatz zum Arbeiten in der Wirtschaft bringt eine IT-Karriere in der Wissenschaft so gleich mehrere Aspekte unter einen Hut: das anwendungsbezogene Arbeiten gemeinsam mit dem Kunden, das Forschen für eine langfristige Verbesserung von Produkten über alle Anwendungsfelder hinweg und die persönliche Wissenschaftskarriere. Dafür, dass dieser Berufszweig oftmals vermeintlich unterschätzt wird, eine erstaunlich starke Win-win-win-Situation.