BI-Spektrum: Was bedeutet Digitalisierung für Qlik?
Kobek: Für uns bedeutet Digitalisierung nicht, jedem Mitarbeiter einen Laptop in die Hand zu drücken. Digitalisierung heißt vielmehr, mit Datenmanagement und Datenanalyse tiefe Einblicke zu gewinnen und die Erkenntnisse erfolgreich umzusetzen.
BI-Spektrum: Haben Sie in der aktuellen Krise „echte“ Digitalisierungsanstrengungen gespürt?
Kobek: Wir sehen gewisse Industrien, die Digitalisierung wesentlich vorantreiben, weil sie einen Wettbewerbsvorteil erkennen, wenn sie schnell ihre Strategien anpassen. Das betrifft unter anderem das BI-, Data-Preparation- und das Katalog-Management-Umfeld. Viele Projekte werden hier beschleunigt und früher realisiert, beispielsweise in den Bereichen Retail, Healthcare, Transport und Logistik oder auch in Behörden.
BI-Spektrum: Was sind die Herausforderungen der Unternehmen im deutschsprachigen Raum bei Datenanalysen?
Kobek: Eine Herausforderung ist das Thema der Governance. Unternehmen arbeiten mit strukturierten und unstrukturierten Daten, die zudem aus verschiedenen Datenquellen stammen. Sie müssen nun sicherstellen, dass sie auch mit den richtigen Daten arbeiten. Hier ist auch Datenkompetenz eine Herausforderung, der Unternehmen inzwischen mit Berufsprofilen wie Chief Data Officer oder Data Scientist begegnen.
BI-Spektrum: Data to Insight – was verbirgt sich dahinter?
Kobek: Diese Strategie verfolgen wir seit drei Jahren. Es ist ein Differenzierungsmerkmal zu anderen BI-Anbietern. Mit der Analyseplattform Qlik Sense decken wir die komplette „Analytics Economy“ ab und ermöglichen mehr als reine Datenvisualisierung. Auch über Akquisitionen – für die Bereiche Katalogmanagement und Datenintegration – sind wir in der Lage, ein komplettes Portfolio anzubieten. Bei der Datenintegration beispielsweise werden Daten in Echtzeit zusammengefasst. Unsere Vision: Rohdaten in Erkenntnisse zu verwandeln. Und die dritte BI-Generation von Qlik nutzt nun eine Associative Engine, Augmented Intelligence und eine regulierte Multi-Cloud-Architektur.
BI-Spektrum: Laut Gartner gibt es Probleme bei der Migration von QlikView auf Qlik Sense.
Kobek: Sense ist eine vollkommen neue Technologie – mit einer komplett neuen Oberfläche. Das Produkt basiert auf einer zentralen Plattform. Mit dieser Lösung können Anwender browserbasiert arbeiten – egal mit welchem Endgerät oder auch in einer SaaS-Variante. Traditionelle Anwender von QlikView hatten mit dem neuen UI- und Self-Service-Konzept zu Beginn Orientierungsprobleme. Mittlerweile gibt es neben Wizards zur Migration auch entsprechende Service-Angebote zur Unterstützung durch erfahrene Qlik-Berater.
BI-Spektrum: Governed Self-Service – was bedeutet das?
Kobek: In der ersten BI-Generation (Ende 90er-, Anfang 2000er-Jahre) wurden Reports zentral durch die IT bereitgestellt, die oft einen Bottleneck darstellte. Die zweite Generation brachte als Gegenreaktion darauf Self-Service-Produkte in Form von Desktop-Tools, was dem Endanwender zwar maximale Freiheit brachte, aber gleichzeitig auch zu Anarchie führte – eine zentrale Governance war damit nicht möglich. Jeder Anwender beschaffte sich beispielsweise mit Hilfe von Excel Daten aus Datenbanken, bearbeitete sie für seine Zwecke und schickte sie an Kollegen. Datensicherheit und der „Single Point of Truth“ blieben auf der Strecke. Governed Self-Service heißt nun: Demokratisierung der Daten in dieser dritten Generation. Über eine zentrale Plattform oder auch durch zentrales Auditing lassen sich zentrale Governance Policies durchsetzen, darunter Security Rules und Rollenverteilungen. Gleichzeitig haben Anwender die Freiheit, sich selbst Analyse-Dashboards aufzubauen und innerhalb desselben Systems zu teilen.
BI-Spektrum: Augmented Analytics – ist das die Fahrkarte zu mehr Benutzerfreundlichkeit?
Kobek: Augmented Analytics sehen wir als Kombination von „menschlicher Datenkompetenz“ (Data Literacy) und Künstlicher Intelligenz, sie ist wichtiger Bestandteil der dritten BI-Generation. Angesichts der anfallenden Datenmengen wird es immer schwerer, aus Daten wichtige Informationen zu erhalten. Das wollen wir vereinfachen. Mit Qlik Insight Bot ist es beispielsweise möglich, sprachgesteuerte Analysen anzustoßen. Der Anwender kann damit Fragen stellen: „Wie war der Absatz gestern an roten Pullovern in Österreich?“ Für jede Frage werden sofort Antworten in Freitext, relevante Grafiken und Einblicke angezeigt, einschließlich relevanter KPIs, Vergleiche, Prognosen und vieles mehr. Darüber hinaus macht die selbstlernende Augmented Intelligence das System immer schlauer. Und über Active Insight werden durch Alerts Einblicke möglich, über die sich dann wiederum Prozesse anstoßen lassen, beispielsweise im ERP-System. Um beim Pullover-Beispiel zu bleiben: Verkaufen sich die roten Pullover schlecht, schlägt das BI-System eine Preisreduzierung vor. Dieses intelligente Alerting überwacht Parameter oder Merkmale, also Daten oder Änderungen an diesen, in Echtzeit. Unternehmen haben so die Möglichkeit, Geschäftsdaten proaktiv zu überwachen, um dann auf der Grundlage von detaillierten Dateneinsichten rechtzeitig entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
BI-Spektrum: Was ist der Unterschied zu AI?
Kobek: Bei „Artificial“ würde der Computer entsprechende Entscheidungen treffen. Hier jedoch werden Entscheidungsmöglichkeiten vorgeschlagen, deshalb „Augmented“.
BI-Spektrum: Qlik setzt auch auf Data Literacy. Was ist der Mehrwert?
Kobek: Data Literacy bedeutet einen Kulturwandel. Jeder Mitarbeiter im Unternehmen sollte über alle Ebenen hinweg ein Grundverständnis und eine Grundfähigkeit erhalten, mit Daten zu kommunizieren und zu argumentieren. Wenn man beides kombiniert – KI und Datenkompetenz, also Data Literacy –, erhält man den maximalen Mehrwert. Um diesen Nutzen zu generieren, bieten wir ein umfassendes Portfolio an Schulungsmöglichkeiten, mit denen Mitarbeiter ihre Datenkompetenz verbessern und sogar Zertifizierungen erlangen können. Dabei ist das Programm nicht auf bestimmte Analyseprodukte ausgerichtet. Im Mittelpunkt stehen vielmehr gängige Daten-, Analyse- und Statistikkonzepte für den individuellen Kontext.
BI-Spektrum: Es werden nur etwa zehn Prozent der Daten von BI-Systemen in Unternehmen genutzt – warum?
Kobek: Zunächst sehen viele Endanwender den Wald vor lauter Bäumen nicht. Das heißt: Sie können und wollen nicht mit den Daten arbeiten, weil es zu viel und zu komplex ist. Viele Unternehmen setzen auch keine modernen Werkzeuge ein und verwenden stattdessen alte, Report-basierende Legacy-BI-Anwendungen. Außerdem sind nicht alle Daten relevant oder derzeit überhaupt analysierbar. Doch man geht davon aus, dass die Summe der relevanten Daten, die für eine Analyse interessant wären, deutlich höher ist als zehn Prozent.
BI-Spektrum: Wie lässt sich das realisieren?
Kobek: Wir wollen diese Daten weiter erschließen und zeitnah für Analysen zur Verfügung stellen – gemäß unserer Philosophie: Jede Antwort wirft immer die nächste Frage auf. Diese zeitnahe Aufbereitung ist dabei die Herausforderung. Wir lösen das Problem mit modernen Integrations- und Datenaufbereitungs-Tools. Und mit Hilfe des Data Catalog werden die Daten auch auffindbar und damit demokratisiert. Last but not least: Die Analyse muss einfach und intuitiv vonstatten gehen, beispielsweise mit Sprachunterstützung. Auf der Basis ihrer Data Literacy fühlen sich die Anwender motivierter für Analysen.