Wartung und Weiterentwicklung sind in solchen Umfeldern aufwendig bis herausfordernd. Kein Wunder also, dass so mancher CIO das gerne los wäre. Und so werden immer wieder große Initiativen gestartet, die IT endlich mal aufzuräumen, auf den Stand der Technik zu heben. Dafür schaut man, was gerade angesagt ist, und definiert damit die neue Zielarchitektur. Aktuell findet man da gerne mal Microservices, ganz viele APIs (meist REST basiert), SPAs im Frontend, diverse Datenbanktypen, und ein Message-/Event-Bus gehört auch zum guten Ton.
Das integriert sich zwar nicht wirklich gut mit dem bestehenden „Brown Field”, aber das macht nichts. Das Ziel ist ja, das loszuwerden. Daher sind die notwendigen Verrenkungen, um bestehende und neue Systeme miteinander reden zu lassen, nur eine Übergangslösung. Sobald alles migriert ist, braucht man das nicht mehr. Dann ist alles super!
Und dann wird gemacht ... bis der nächste CIO kommt ... oder die so angesagte Architektur nicht mehr so angesagt ist ... oder beides. Bis dahin hat man vielleicht 5 Prozent, im besten Fall 10 Prozent der Anwendungslandschaft auf die neue Zielarchitektur gehoben. Mehr wird dann nicht mehr gehoben. Stattdessen kommt die nächste Initiative, die nächste Zielarchitektur.
Übrig bleibt eine weitere Bauruine in der Systemarchäologie – unvollständig, lückenhaft, schlecht mit allem anderen integriert, aber gekommen, um zu bleiben. Das „Brown Field” ist gerade wieder etwas brauner geworden. Aber die nächste Initiative steht ja schon in den Startlöchern.
Vielleicht sollten wir mal die ganzen Initiativen und Zielarchitekturen vergessen, die isoliert vom „Brown Field” erdacht werden. Vielleicht sollten wir einfach akzeptieren, dass unsere Systemlandschaften immer hochgradig heterogen sein werden. Wenn wir das verstanden haben, dann könnten wir uns überlegen, wie wir unsere Architekturen gestalten, dass sie nicht nur in Isolation toll sind, sondern stattdessen die Gesamtkomplexität der Systemlandschaft möglichst wenig erhöhen. Das wirkt vielleicht nicht ganz so hip. Aber es erleichtert das Leben aller beteiligten Personen ungemein.
Und wer weiß: Vielleicht würde dann irgendwann sogar wieder grünes Gras auf dem „Brown Field” zu sprießen beginnen ...
Uwe Friedrichsen
Herausgeber