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Chancen in Digital-x-Berufen

Die anhaltende COVID-19-Pandemie hat viele Unternehmen gezwungen, die digitale Transformation schneller als geplant anzugehen. Nicht nur das Nutzungsverhalten ihrer Kunden hat sich durch die Pandemie in Richtung Digital verändert, auch Mitarbeitende erleben das Homeoffice und den Umgang mit digitalen Lösungen als das „New Normal“.

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Thomas Hess

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  • 23.09.2022
  • Lesezeit: 5 Minuten
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Während viele Unternehmen noch mit der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse beschäftigt sind, wartet bereits die nächste Herausforderung auf sie: die Implementierung neuer Technologien wie Künstliche Intelligenz, Internet of Things oder Blockchain in Produkte, Prozesse und Geschäftsmodelle. Geschwindigkeit und Agilität bei der digitalen Transformation sind gefragt, um bei steigendem Technologie-Druck im Wettbewerb nicht auf der Strecke zu bleiben.
Um diesen digitalen Wandel erfolgreich zu bewältigen, benötigen Unternehmen die entsprechenden Kompetenzen. IT-und Digitalberufe sind gefragt. Wie jedoch sehen diese Kompetenzen genau aus – und was muss die nächste Generation an Fähigkeiten mitbringen?
Lange Zeit war das Set an Berufungsbildern mit IT-Bezug im Kern stabil. Im Fokus standen (stark vereinfacht natürlich) Programmierer und Systemadministratoren, die für die Entwicklung und den Betrieb von IT-Infrastruktur und IT-Systemen eines Unternehmens zuständig waren. Zwar kamen neue Technologien hinzu, welche aus COBOL- zwischenzeitlich Java-Entwickler gemacht haben – maßgeblich veränderte sich das Berufsbild aber dadurch nicht. Der Kern war technisches Wissen, ergänzt um Wissen zur Anwendungsdomäne.

Erkundung von technologischen Potenzialen

Ein erster Schritt aus diesem engen Fokus war die Reorganisation von Prozessen in Unternehmen. Natürlich geht es bei der Reorganisation von Prozessen um die genutzten Systeme, aber eben nicht nur. Gesucht waren auch Spezialisten für die Analyse und die Steuerung von Prozessen. Diese müssen sich heute sowohl mit der Modellierung von Prozessen, der Nutzung von Process-Mining-Tools sowie mit der Verknüpfung von Prozessen zum Beispiel über Robotic-Process-Automation-Tools auskennen. Der Schwerpunkt hat sich hier auf die Erkundung von technologischen Potenzialen verlagert, gleichwohl ist ein technischer Bezug weiterhin unerlässlich.
Heute sind die Potenziale digitaler Technologien noch wesentlich größer. Jetzt steht zwar immer noch die Digitalisierung von Prozessen im Fokus, darüber hinaus geht es aber auch um neue Produkte, Services und teilweise um ganz neue Geschäftsmodelle. Durch diesen Wandel in Unternehmen werden neue Kompetenzen erforderlich. Es entstehen für Karrieren im Bereich IT ganz neue Chancen – ohne dass die alten Rollen verschwinden.
Eine große Bedeutung hat heute zum Beispiel die Verarbeitung von Daten, welche als Ressource zur Verbesserung von Produkten und Services dienen. Ein Beispiel ist der „Data Scientist“. Der Datenwissenschaftler ist dafür zuständig, aus unstrukturierten Rohdaten eine strukturierte Datenbasis zu schaffen, diese zu analysieren und letztendlich auf dieser Basis betriebswirtschaftliche Implikationen abzuleiten.
Weitere Beispiele sind der „Digital Product Developer“ (als Entwickler innovativer und kundenzentrierter Produkte und Services), der „Digital Service Engineer“ (erstellt Software zur Umsetzung der Digitalisierung) oder der „Business Model Developer“ (bereitet das Geschäftsmodell eines Unternehmens auf den digitalen Wandel vor).

Abb.01: Vergleich klassische und digitale Berufe

Digital-Experten im klassischen Umfeld

Solche „Digital-x“-Berufsbilder entstehen nur zum kleinen Teil in den IT-Abteilungen der Unternehmen, sondern vielmehr in den bisher eher IT-fernen Abteilungen, den sogenannten „Fachabteilungen“ wie beispielsweise Marketing, Controlling, Produktion oder Unternehmensentwicklung. In Digital-x-Berufen arbeiten also Digital-Experten im klassischen Umfeld; sie haben sowohl technische als auch fachbezogene Kompetenzen. Dank ihrer Digitalkompetenz können sie technische Entwicklungen gut einschätzen. Außerdem verstehen sie die Umsetzbarkeit von technischen Neuerungen, finden also zum Beispiel eine Antwort auf die Frage, ob eine neue technische Lösung gut in die vorhandene Systemlandschaft integriert werden kann.

Eine besondere Bedeutung haben Digital-x-Berufe selbstverständlich in Digital-Unternehmen. Darunter versteht man jene Unternehmen, die erst vor wenigen Jahren gegründet wurden und nicht selten schon eine erhebliche Bedeutung erlangt haben, wie etwa die Digitalkonzerne Amazon und Google. Es gibt jedoch auch schon viele kleine und mittlere Digital-Unternehmen, zum Beispiel der Process-Mining-Spezialist Celonis in München, die Berliner Direktbank N26 oder das Münchner Softwareunternehmen Personio, das eine HR-Lösung entwickelt hat.

Neben diesen Digital-Unternehmen gibt es noch eine zweite wichtige Gruppe, die „digitalisierten“ Unternehmen. Diese waren nicht von Beginn an digital, sondern haben sich im Zuge des digitalen Wandels verändert. Der Anteil dieser Unternehmen wird, nicht zuletzt getrieben durch den zunehmenden Veränderungsdruck, immer größer. So sind viele Medienunternehmen bereits stark digitalisiert. Hier sind digitale Produktentwickler oder Geschäftsmodellentwickler besonders gefragt.

Zukunftsträchtige Einstiegsberufe

Aber auch in klassischen Industrien wie etwa der Automobilindustrie findet ein umfassender Wandel statt. Nicht nur Produkte und Services werden digitalisiert, sondern auch gleich ganze Geschäftsmodelle. Der Wettbewerb wird getrieben durch das Rennen um die beste Automobil-Software. Daher konkurrieren auch deutsche Automobilhersteller um die besten IT-Fachkräfte.
In IT-Berufen wird längst nicht mehr unbedingt verlangt, als Programmierer von früh bis spät an Codes zu schreiben. Gleichwohl stellen gerade diese Kompetenzen eine Voraussetzung für Führungskräfte von morgen und übermorgen dar. Nicht nur der zukünftige „Chief Digital Officer“ wird aus den Digital-x-Berufen kommen, die daher zukunftsträchtige Einstiegsberufe darstellen. Außerdem werden zukünftig auch Unternehmen, deren Kernleistung (unter anderem) digital sein wird, mittelfristig erfahrene Kräfte aus den Digital-x-Berufen nehmen und zum CEO ernennen.

Weitere Informationen

Hess, T. (2022). Digitale Transformation strategisch steuern. 2. Überarbeitete Auflage, Springer Gabler, Wiesbaden. Singh, A. & Hess, T. (2017). How Chief Digital Officers Promote the Digital Transformation of their Companies, MIS Quarterly Executive (16:1).

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Thomas Hess

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Zu Inhalten
ist Professor für Wirtschaftsinformatik und Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians- Universität München (LMU). Er beschäftigt sich insbesondere mit den Potenzialen digitaler Technologien für die Führung von Unternehmen. Thomas Hess leitet an der LMU u. a. das Institut für Digitales Management und Neue Medien. Darüber hinaus ist er der Praxis u. a. durch Mandate und Projekte verbunden.

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